Klausens
hört und sieht von allem, wenn es denn sein muss. Manchmal
muss es sein. Denn an den Abgründen der Welt stehen wir selber
immer wieder. Oft aber sind es andere, die für uns diese
Abgründe betreten und in diese fallen. Opfer wie
Täter. Klausens (also als Klau|s|ens und Klau/s/ens und welche
Schreibwaisen und -weisen er noch hat oder haben wird) besuchte das
Bonner Landgericht, um auch einmal etwas von dem zu spüren,
was das Verbrechen ausmacht. Ein Foltermord im Knast, geschehen am/vom
11.11.2006 bis 12.11.2006, über mehr als 12 Stunden. Der
Foltermord-Prozess. Das Gericht,
die Täter, die Tat: Dieses Alltägliche, was zugleich so
voller Schrecken ist oder sein kann. Der Mensch, der sich umverwandelt
in sein tierisches Extra, wie es schon so oft in der Literatur
beschrieben wurde. Ja, so ist es.
Der Prozess um
den Foltermord von Siegburg, genauer: der JVA Siegburg,
ausgeführt im Bonner Landgericht, bot dazu wieder einmal
hinreichend Material.
Das Urteil sagt: Pascal
I. __________15 Jahre, Ralf A. __________14 Jahre, Danny K.
__________10 Jahre (bei ihm Höchststrafe nach Jugendstrafrecht)
Landgericht Bonn – Urteil vom 4. Oktober 2007 – Az. 8 KLs 16/07
(Revision
der Staatsanwaltschaft bereits am nächsten Tag nach dem Urteil
erfolgt. Die 3 Angeklagten legten über ihre Verteidiger circa 1
Woche nach dem Urteil auch jeweils Revision ein!)
Am 13.8.2008 hat der BGH das Urteil
des Bonner Landgerichtes aufgehoben. Das Strafmaß für Pascal I. muss
neu bewertet werden. Siehe dazu den Wortlaut des BGH:
Der
erneute Prozess gegen Pascal I. fand ab dem 24.4.2009 statt.
Und zwar am 24.4.2009, am 27.4.2009, am 28.4.2009, am 5.5.2009
und am 8.5.2009. Das Urteil blieb bei 15 Jahren Haft für Pascal I.,
allerdings: MIT ANSCHLIESSENDER PRÜFUNG AUF SICHERHEITSVERWAHRUNG. Das
bedeutet, dass er evtl. nie mehr freikommt, weil er als zu gefährlich
für die Menschheit eingeschätzt wird.
Die anderen
beiden Urteile gegen
Danny und Ralf bleiben/blieben bestehen. Gegen sie wird/wurde nicht neu
verhandelt.
Klausens
= Klau|s|ens schrieb Gedichte ... wie so
oft. (siehe weiter unten!) Die Gedichte spiegeln den Prozess, aber auch
die Gedanken, die
Klau/s/ens während des Prozesses kommen. Es sind keine
DOKU-Gedichte, sondern sie verlassen teilweise - durchaus auch
phantasievoll - die
Fakten-Realität des Prozesses. Viele Gedichte sind aber auch real und
quasi prozessdokumentierend. - Das obige und weiter untige, bei
jedem Gedicht auftauchende, Kunstwerk "Weghängprozess" (neben
anderen Kunstwerken) stammt
auch von Klau/s/ens = Klau.s.ens.
MENSCH HERMANN - DU STOLZER
ARMER GUTER
BOTE
Ein Opfer warst du, gänzlich
unverheilt,
Ziehst weiter du ... durch all die
Welten,
Und bist schon oben ... fast wie
ungeteilt,
Weil: Böses scheint ja immer noch zu
gelten.
Doch wir erschrocken und mit dir
vereint, Woll'n, dass alles, was bislang zu
selten
Uns zum Guten noch auf Erden hier
erscheint,
Soll endlich wieder ... baldigst
wieder
gelten.
klau|s|ens zum urteil II beim foltermord siegburg bzw.
foltermordprozess bonn - www.klausens.com
... gedicht URTEIL'SCHE GLEICHUNG. auf meiner gedichtseite zu dem
prozess: www.klausens.com/siegburger_foltermordprozess.htmund
das bild hier unten?... heißt "lange dunkelheit". es erinnert an all
das, an das opfer, an die strafe der täter, und an das immer noch
farbige in all dem schwarz. auch helligkeit ist dabei. aber wenig
!!!mehr scheint nach diesem verbrechen auch nicht... 9.05.2009Zum
Eintrag
klau|s|ens zum wiederbegonnenen siegburger foltermordprozess -
www.klausens.com
...klau|s|ens, was kannst du noch schreiben? was noch bewegen? was noch
tun? bei jenem "siegburger foltermordprozess"
im bonner landgericht, der jetzt wieder angelaufen ist - erneut!ich
glaube: nichts - deshalb bin ich ja auch nicht mehr beim prozess. gibt
es keine sühne?was ist "sühne"? - das opfer ist ja tot. wir sollten
immer wieder an das opfer erinnern. an hermann h... 25.04.2009Zum Eintrag
klau|s|ens hört von der urteilsaufhebung
(siegburger foltermordprozess) - www.klausens.com
klau|s|ens, der BGH hat entschieden und das urteil kassiert.
zweitklausens, du meinst das
urteil zu diesem prozess über den foltermord im gefängnis (jva)
siegburg? ja, den mord meine ich. wenn ich es richtig verstehe,
müssen die strafen überprüft werden. bzw. nur eine, die von pascal. 14.8.2008Zum
Eintrag
klau|s|ens, willst du uns nicht doch lieber deine URTEIL'SCHE
GLEICHUNG hier abdrucken?du meinst, dann braucht man nicht lange danach
zu suchen.genau das!aber halt: das urteil ist sehr komplex, denn es
gibt das jugendgerichtsgesetz (JGG).na und?das hat anwendung auf danny
k., pascal i. und ralf a.wieso?ich zitiere: "Jugendlicher ist, wer zur
Zeit der Tat vierzehn, aber noch nicht ach... 5.10.2007Zum
Eintrag
klau|s|ens und das urteil im foltermordprozess JVA siegburg
bzw. landgericht bonn - www.klausens.com
...s gedicht URTEIL'SCHE GLEICHUNG. auf meiner gedichtseite zu dem
prozess: www.klausens.com/siegburger_foltermordprozess.htmund
das bild hier unten?... heißt "lange dunkelheit". es erinnert an all
das, an das opfer, an die strafe der täter, und an das immer noch
farbige in all dem schwarz. auch helligkeit ist dabei.aber wenig
!!!mehr scheint nach diesem verbrechen auch nicht ange... 4.10.2007Zum
Eintrag
klau|s|ens vergleicht brillenbügel mit foltermord -
www.klausens.com
...rer bügel.aha!ja, aber jetzt kommt der schwenk zum prozess, zum
prozess im bonner landgericht um den foltermord
in der JVA siegburg.was willst du uns sagen?die angeklagten zeigten
gestern ihre reue.ist eine brillenbügelreue denn mit dem einem
ermordeten zu vergleichen? zumal: man kann einen ermordeten nicht mehr
"reparieren".ich weiß, ich weiß! - aber ich empfand reue um den ab... 25.09.2007Zum
Eintrag
klau|s|ens überträgt die "documenta" auf den
foltermordprozess - www.klausens.com
... "schlüssel zur documenta" und schreibst zugleich von den letzten
plädoyers zum siegburger foltermord
bzw. zum siegburger foltermordprozess, der eigentlich der bonner
foltermordprozess ist, weil dort das landgericht sitzt?das war eine
lange frage!entschuldigung, ich dachte, du bist recht klug, klau|s|ens.
und du wirst damit umgehen können.also, zweitklausens, die dinge der
welt... 24.09.2007Zum
Eintrag
klau|s|ens hört erste plädoyers im foltermordprozess -
www.klausens.com
klau|s|ens, geht der prozess gegen die foltermörder von siegburg, in
der JVA dort, nun langsam zuende?es sieht danach aus, als könnten wir
bald das urteil erwarten.welches urteil?da will ich mich nicht
festlegen. aber: heute gab es die ersten 4 plädoyers, und zwar 1 vom
staatsanwalt und 3 von den insgesamt 4 nebenklägern (ein vierter
nebenkläger kommt noch am montag zum zuge).was fiel dir a... 20.09.2007Zum
Eintrag
klau|s|ens berichtet vom brüsten im knast - www.klausens.com
...zt im moment ist pause bis 13:30 uhr.und?du meinst, was es heute so
gab?ja, sicher: ich will von dem foltermordprozess
in bonn im august 2007 über das geschehen in der jva siegburg vom
november 2006 wissen.heute gab es zuviel, um es alles zu erzählen. ich
lasse es bei einer sache.welcher sache.das ist die sache der
"brüstung".brüstung?ja, nicht die vom fenster, sondern wenn sic... 28.08.2007Zum
Eintrag
klau|s|ens hört gutachter im foltermordprozess -
www.klausens.com
...orden, klau|s|ens. du schreibst gedichte vom prozess auf deine
homepage. www.klausens.com/siegburger_foltermordprozess.htm
und künstler bin ich auch noch - wie findest du [unten] mein
gutachterbild, das dem des realen gutachters aus dem prozess
nachgearbeitet wurde?ich glaube, bei dir wäre auch von einer person zu
sprechen, die "dissozial" ist und "eine schwer gestörte per... 23.08.2007Zum
Eintrag
klau|s|ens und die gesichtslosen täter - www.klausens.com
...frecht unterliegen.)sie werden nun öffentlich. so wie in unserer
homepagewww.klausens.com/siegburger_foltermordprozess.htm?ja,
aber auch nicht.wie geht das: "aber auch nicht"?sie machen es nun so,
dass sie die gesichter mit einem kreis aus milchglas unkenntlich
machen. (das war früher anders.)das ist aber auffällig.gewiss, aber es
schützt die angeklagten, die ja erst einmal ihr... 16.08.2007Zum
Eintrag
klau|s|ens erneut im landgericht - www.klausens.com
...sem dialektischen prozess geht es immer weiter. aber ja doch!und was
bringt dir der prozess über die foltermorde
in siegburg?er bringt genau dieses schere von wissen und unwissen.
beides steigt immer weiter an. in mir, in dir, in uns allen.was ist mit
den angeklagten?sie wurden heute als "umgänglich" bezeichnet.
zweitklausens, höre: "umgänglich"!was sagt das?es waren ... 14.08.2007Zum
Eintrag
klau|s|ens beim foltermordprozess als "weghängprozess" -
www.klausens.com
...nd den haben sie vorher noch mit shampoo eingeschmiert -
wahrscheinlich, damit er besser gleitet.der foltermordprozess
erschüttert dich?der erschüttert, aber ja. - am schlimmsten ist dieses
wort, was ich gestern so oft hören musste.welches wort denn?weghängen,
zweitklausens ... WEGHÄNGEN ... sie sprachen immerzu von weghängen: die
akten, die verhöre, die täter, der ganze knast. am ende a... 9.08.2007Zum
Eintrag
20.9.2007,
Donnerstag,
+ 24.9.2007, Montag, LIVE geschrieben, im Landgericht Bonn,
im Gerichtssaal
S 0.11 des Landgerichtes Bonn, www.lg-bonn.nrw.de beim
Prozess gegen
Danny K., Ralf A. und Pascal I., die den Mithäftling
Hermann H. am
11.11.2006/12.11.2006 (samt
"Weghängen") bis zum Tode
gequält haben. - Es gab die Plädoyers, und zwar vom
Staatsanwalt und dann
von drei Anwälten, die als Nebenkläger auftreten, u.a.
für den Bruder, für den Vater und die Mutter des Opfers
Hermann H. Am 24.9. folgten die Plädoyers von
Nebenkläger Nr. 4 (für die Schwester des Opfers) und von den
Anwälten 1 und 2 (jeweils für Pascal I.) und dem Anwalt 3
(für Ralf a.) und dem Anwalt 4 (für Danny K.), der für
weniger als 10 Jahre, aber mit unbestimmter Zahlenangabe
plädierte. - Als Besonderheit sei zu bemerken, dass
die Anwälte von Pascal I. die Anwendung der Jugendstrafe forderten,
und sich in diesem Zusammenhang auch die Forderung nach 10 Jahren
(= Höchststrafe) nach Jugendstrafrecht ergibt. Der Verteidiger von Ralf
A. fordert hingegen Anwendung des Erwachsenenstrafrechtes, für Ralf,
und in
diesem Rahmen aber nur 12 Jahre, nach § 106 JGG (=
Jugendgerichtsgesetz). § 106
Milderung des allgemeinen Strafrechts für Heranwachsende;
Sicherungsverwahrung
Dem noch Lebenden
und
Hechelndem
Wurden vom
späteren
Mörder die
Tropfen
Des Blutes edel
Weggewischt
Weil es doch um
Gewissensbisse
Gehe den Auslöser
Der Tat fletschte
Er noch die
Roten Zähne
|
Man sagen
der |
Film war aber Offenbar nur die
präszise |
Vorlage des Mörderischen
Geschehens | Lauter!
Los! Die
Szene
Nochmals! | Jemand
schlägt Mit
der Seife Im
Handtuch zu |
|
Kann er zu
Einem wiedereingliedbaren
Element der Gesellschaft
Werden fragt der Staatsanwalt
|
Zweifelnd
|
Denn wie soll
Ein Mensch
Zu einem Element
Werden?
|
20.9.2007, Donnerstag,
LIVE geschrieben, im Landgericht Bonn, im Gerichtssaal
S 0.11 des Landgerichtes Bonn, www.lg-bonn.nrw.de beim
Prozess gegen
Danny K., Ralf A. und Pascal I., die den Mithäftling
Hermann H. am
11.11.2006/12.11.2006 (samt
"Weghängen") bis zum Tode
gequält haben. - Der Staatsanwalt hält sein
Plädoyer. - Copyright
Klau|s|ensin
allen Schreibwaisen und -weisen, u.a. als Klausens oder Klau/s/ens oder
Klau(s)ens oder Klau[s]ens oder Klau$s$ens oder Klau§s§ens
|
Wenn der Verteidiger
die Plädoyers des
Staatsanwaltes
seit je her als
stringent lobt
wartet man sehr
gespannt auf welche
Lücke oder welchen
Mangel er sich gleich
beziehen wird
|
24.9.2007, Montag,
LIVE geschrieben, im Landgericht Bonn, im Gerichtssaal
S 0.11 des Landgerichtes Bonn, www.lg-bonn.nrw.de beim
Prozess gegen
Danny K., Ralf A. und Pascal I., die den Mithäftling
Hermann H. am
11.11.2006/12.11.2006 (samt
"Weghängen") bis zum Tode
gequält haben. - Der Verteidiger Ohm hält sein
Plädoyer im Sinne von Pascal I. und widerspricht dann (nach
anfänglichem Lob) ganz deutlich den Ausführungen des
Staatsanwaltes - Copyright
Klau|s|ensin
allen Schreibwaisen und -weisen, u.a. als Klausens oder Klau/s/ens oder
Klau(s)ens oder Klau[s]ens oder Klau$s$ens oder Klau§s§ens
|
Der Anwalt des Mörders
Akzeptiert 2 Tatmerkmale
Des Mordes und zwar
Grausamkeit und
|
Verdeckungsabsicht
Aber 2 andere nicht
Die Mordlust und
Sonstige Beweggründe
|
Was wird ihn dazu bewogen haben?
|
24.9.2007, Montag,
LIVE geschrieben, im Landgericht Bonn, im Gerichtssaal
S 0.11 des Landgerichtes Bonn, www.lg-bonn.nrw.de beim
Prozess gegen
Danny K., Ralf A. und Pascal I., die den Mithäftling
Hermann H. am
11.11.2006/12.11.2006 (samt
"Weghängen") bis zum Tode
gequält haben. - Der Verteidiger Krechel hält sein
Plädoyer im Sinne von Ralf A. Laut § 211 des
Strafgesetzbuches (StGB) gilt:
"(1) Der Mörder wird mit lebenslanger
Freiheitsstrafe bestraft.
(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des
Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit
gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu
verdecken,
einen Menschen tötet."
- Copyright
Klau|s|ensin
allen Schreibwaisen und -weisen, u.a. als Klausens oder Klau/s/ens oder
Klau(s)ens oder Klau[s]ens oder Klau$s$ens oder Klau§s§ens
|
Die Gunst des 105 verschließt sich uns,
so der Anwalt,
|
Wenn wir entsprechende Urteile
mit Google gesucht haben.
|
Es bleibt nur noch der 106,
um die Juristencodes verstehen zu wollen.
|
Denn in diesem Paragraphen
geht es um die Prospektanz.
|
Das sollte alles klären.
|
Erwachsenenstrafrecht, aber nur 12 Jahre.
|
24.9.2007, Montag,
LIVE geschrieben, im Landgericht Bonn, im Gerichtssaal
S 0.11 des Landgerichtes Bonn, www.lg-bonn.nrw.de beim
Prozess gegen
Danny K., Ralf A. und Pascal I., die den Mithäftling
Hermann H. am
11.11.2006/12.11.2006 (samt
"Weghängen") bis zum Tode
gequält haben. - Der Verteidiger Krechel hält sein
Plädoyer im Sinne von Ralf A. und fordert 12 Jahre Haft, der
Staatsanwalt hatte 15 Haft gefordert. Der Verteidiger bezieht sich auf
das JGG = Jugendgerichtsgesetz, §§ 105 und 106. SIEHE HIER:
http://dejure.org/gesetze/JGG/106.html
Auszug aus § 106
"Milderung des allgemeinen Strafrechts für Heranwachsende;
Sicherungsverwahrung
(1)
Ist wegen der Straftat eines Heranwachsenden das allgemeine Strafrecht
anzuwenden, so kann das Gericht an Stelle von lebenslanger
Freiheitsstrafe auf eine Freiheitsstrafe von zehn bis zu fünfzehn
Jahren erkennen."
"Prospektanz"
leitet sich um vom lateinischen "prospectare" ab und meint, welche
Entwicklungsaussichten uns der Angeklagte für seine
Persönlichkeit in Zukunft gibt. - Copyright
Klau|s|ensin
allen Schreibwaisen und -weisen, u.a. als Klausens oder Klau/s/ens oder
Klau(s)ens oder Klau[s]ens oder Klau$s$ens oder Klau§s§ens
|
Die Schulderhöhung
ist etwas anderes
als die vom Geber
der Gesetze und
Paragraphen erforderte
gravierende Erhöhung
der Schuld um nicht
zu sagen erwünschte
gravierende Erhöhung
meint ganz unbedarft
der zuschauende Dichter
|
24.9.2007, Montag,
LIVE geschrieben, im Landgericht Bonn, im Gerichtssaal
S 0.11 des Landgerichtes Bonn, www.lg-bonn.nrw.de beim
Prozess gegen
Danny K., Ralf A. und Pascal I., die den Mithäftling
Hermann H. am
11.11.2006/12.11.2006 (samt
"Weghängen") bis zum Tode
gequält haben. - Der Verteidiger Trode hält sein
Plädoyer im Sinne von Pascal I. Es geht nun um eine rechtliche
Deutung, die auf einen Unterschied in den Recht-Deutungs-Ansichten von
Staatsanwaltschaft und dem Verteidiger Trode hinweist. Rechtsdeutung
ist beständige Arbeit des Gerichtswesen. Rechtsdeutung ist zu
großen teilen auch Sprachdeutung und Wortauslegung.
- Copyright
Klau|s|ensin
allen Schreibwaisen und -weisen, u.a. als Klausens oder Klau/s/ens oder
Klau(s)ens oder Klau[s]ens oder Klau$s$ens oder Klau§s§ens
Ein Jahr nach dem Foltermord von Siegburg -
MEDIATHEK regional - WDR.de - NOVEMBER 2007
Die Mörder sind inzwischen verurteilt, der Anstaltsleiter
ausgewechselt. Wie aber geht es den Angehörigen? Wer belegt nun die
Zelle? Ist der Mord heute noch bei den Betroffenen ein Thema?
Im
Prozess um den Foltermord in der JVA Siegburg hat das Gericht die drei
Angeklagten zu hohen Haftstrafen verurteilt. Der Haupttäter Pascal I.
muss für 15 Jahre, sein Mittäter Ralf A. für 14 Jahre ins Gefängnis.
Der damals 17-jährige Danny K. wurde nach dem Jugendstrafrecht zu 10
Jahren verurteilt.
Am
Mittwoch (01.08.07) hat im Landgericht Bonn der Prozess um den
Foltertod eines jungen Häftlings der JVA Siegburg begonnen. Der
Staatsanwalt hat gegen drei der ehemaligen Zellengenossen Mordanklage
erhoben. Sie sollen ihr Opfer stundenlang gefoltert und schließlich
erhängt haben.
Im
Düsseldorfer Landtag nahm am Mittwoch (16.05.07) ein
Untersuchungsausschuss seine Arbeit zum Foltermord in der
Justizvollzugsanstalt Siegburg auf. Vor vier Monaten war dort ein
20-Jähriger von Mithäftlingen grausam gefoltert und ermordet worden.
Fünf
Monate nach dem Foltermord an einem jungen Strafgefangenen in der
Justzvollzugsanstalt Siegburg hat die Bonner Staatsanwaltschaft am
Dienstag (17.04.07) Anklage gegen die drei Mithäftlinge erhoben. Die
Vollzugsbeamten der Haftanstalt müssen sich hingegen nicht vor dem
Gericht verantworten.
In
einem Untersuchungsausschuss des Landtags soll geklärt werden, wer für
den Foltermord in der Justiz-Vollzugsanstalt Siegburg im November 2006
verantwortlich ist: Die Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter
(CDU) oder die rot-grüne Vorgängerregierung.
Zwei
Monate nach dem Foltermord an einem 20-jährigen Gefangenen versuchen
Bedienstete und Häftlinge der JVA Siegburg zur Normalität
zurückzukehren. Was bleibt, ist das Unfassbare der Tat.
Justizministerin
Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) gerät nach dem Foltermord an einem
20-jährigen Häftling in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Siegburg
zunehmend unter Druck. Die SPD im Düsseldorfer Landtag forderte am
Freitag (17.11.06) den Rücktritt der Ministerin und schloss auch die
Beantragung eines Untersuchungsausschusses nicht mehr aus. Die
Politikerin wies die Rücktrittsforderung zurück und erhielt dabei
Rückendeckung von den Regierungsfraktionen.
Ignorante
Wärter, träge Aufseher, rechtsradikale
Insassen: Die JVA Siegburg, in der ein 20-jähriger Häftling von
Mitgefangenen zu Tode gefoltert wurde, gilt als eine der härtesten im
Land. Der Gefängnisleiter soll laut Insidern das Faustrecht unter
Gefangenen geduldet haben.
Siegburg
- Vor wenigen Jahren hing im Gefängnisflur neben der roten,
verriegelten Zellentür 413, direkt über dem Lichtschalter, ein Poster:
Darauf die Comic-Figur Garfield, zähnefletschend, aufgehängt an
eisernen Handfesseln. Darüber steht in schwarzen Buchstaben: "Denk
dran: Jeder Tag könnte dein letzter sein."
"Man muss nicht
Psychologie studiert haben, um zu wissen, welche
Botschaft dahinter steckt, ausgerechnet solch ein Plakat in einem Knast
aufzuhängen", sagt einer, der die Anstalt damals besucht hat, zu
SPIEGEL ONLINE. Ob das Poster noch heute hängt, ist nicht bekannt. Aus
den Gefängnismauern darf nach der Ermordung des 20-jährigen Hermann H.,
Häftling in Haus 2, nichts mehr nach außen dringen. .
Ein 25-Jähriger, der
ebenfalls im Haus 2 des Jugendvollzugs
einsitzen musste, hat den brutalen Gefängnisalltag dort vor sechs
Jahren kennengelernt. "Unter den drei Schlägern ist hundertprozentig
ein Rechter dabei", behauptet er im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. Gerade
die JVA Siegburg habe ein Problem mit Rechtsextremen hinter Gittern.
Überall schwirre Propagandamaterial der Hilfsorganisation für nationale
politische Gefangene (HNG), eine der größten Neonazi-Vereinigungen in
Deutschland, herum.
"Wenn die einen
Junkie zu
einem Nazi stecken, ist der Stress
programmiert", sagt der Ex-Häftling, dessen Drogenkarriere ihn hinter
Gitter brachte. Im Drogenmilieu Nordrhein-Westfalens fürchte man sich
speziell vor der Siegburger Jugendstrafanstalt. "Da zittern sogar die
ganz schweren Jungs. Man kann echt froh sein, wenn man im
Erwachsenenvollzug landet. Dort wollen die Gefangenen ihre Ruhe und
sind nicht so auf Krawall gebürstet."
Die jüngsten
Häftlinge
werden "Piccos" genannt. "Wenn es gut läuft,
stecken sie zwei Piccos zusammen in eine Zelle. Das hilft nicht immer,
aber sie sind wenigstens zu zweit, wenn die anderen durchdrehen", sagt
der 25-Jährige. "Auf die Fresse gibt's aber immer. Manchmal hatte ich
das Gefühl, das finden die Zuständigen auch absolut okay."
Verantwortlich für
die
Zustände ist Anstaltsleiter Wolfgang
Neufeind. Er hat deshalb aber nicht nur viele Insassen zum Feind - auch
den Großteil seines Mitarbeiterstammes. "Er sieht nicht nur aus wie ein
Gefängnisdirektor aus den fünfziger Jahren - er verhält sich auch so",
beschreibt ihn ein ehemaliger Beamter der JVA Siegburg im Gespräch mit
SPIEGEL ONLINE: "Der duldet das Faustrecht unter den Häftlingen und die
innere Hierarchie. Der hat allerhand unterm Deckel zu halten: Allein in
den letzten zwei Jahren soll es sechs brutale Übergriffe gegeben haben."
Sein Ex-Mitarbeiter
wundert
sich nicht, dass der Gefängnisleiter
nicht zum Tatort in der Nasszelle erschienen ist, wo der 20-Jährige
aufgefunden wurde: "Die Knackis sind weit unter seinem Niveau. Was
meinen Sie, wie es zum Teil in den Zellen stinkt? - Viele putzen sich
keine Zähne, geschweige denn den Rest. Herr Neufeind lässt sich nie in
den Zellentrakten blicken. Das ist unter seiner Würde."
Trotz mehrfacher
Anfrage von
SPIEGEL ONLINE wollte sich Neufeind nicht zu den Vorwürfen äußern.
Umgangston hinter
Gittern mehr als respektlos
"Personalmangel ist
das
größte Problem in deutschen Haftanstalten",
sagt Friedhelm Sanker, Vizechef des Bundes der
Strafvollzugsbediensteten in Deutschland (BSBD) - gerade an Wochenenden
und Feiertagen herrscht absolute Notbesetzung. Das wissen auch die
Gefangenen. Hermann H. wurde am vergangenen Samstag zu Tode geprügelt.
Seine Peiniger hatten abgewartet, bis das Mittagessen gebracht wurde.
Samstags und sonntags werden zwischen 12 und 13 Uhr mittags das Mittag-
und das Abendessen auf einmal geliefert. Wenn die Gefangenen keinen
Kontakt mehr mit dem Personal wünschen, sind sie von mittags bis zum
nächsten Morgen auf sich alleine gestellt. Das nutzten die drei
Häftlinge aus - und quälten Hermann H. auf bestialische Weise und
zwangen ihn zum Selbstmord.
"Die Beamten sind
wie die
meisten Vollzugsbediensteten zum großen
Teil unmotiviert. Oft sind sie krank geschrieben, weil es die einzige
Möglichkeit ist, sich von dem Psychostress eine Auszeit zu nehmen",
sagt der ehemalige Angestellte der JVA Siegburg. "Unter den
Bediensteten sind auch viele sehr einfache Leute, die nur ihre acht
Stunden absitzen und sich nicht wirklich um die Gefangenen kümmern.
Viele haben selbst private Probleme, die meisten sind geschieden oder
haben einfach andere Baustellen in ihrem Leben. Je länger man im Dienst
ist, desto abgestumpfter wird man dabei auch."
Schuld sei auch der
rüde,
aggressive, respektlose Umgangston
zwischen den Häftlingen und dem Personal. "Das kann sich keiner
vorstellen, wie man da angebrüllt, beschimpft und behandelt wird", so
der ehemalige JVA-Angestellte. Rückblickend muss er zugeben: "Die
Häftlinge werden immer gewaltbereiter. Sie erleben ja auch den ganzen
Tag nichts, langweilen sich und bekommen manchmal zur Strafe auch noch
den Hofgang oder die Sporteinheit gestrichen."
Sein erschütterndes
Resümee:
"Bis zu einem gewissen Punkt hat der
tragische Vorfall eine gewisse Normalität, denn es herrscht eine klare
Unterordnung, was die körperlich und emotional Schwächeren in einer
Zelle aushalten müssen. Alles bekommen die Wärter nicht mit."
Das bestätigt auch
ein
21-Jähriger, der sechs Monate Haft im
Jugendvollzug Siegburg abbüßte: "Gerade an den Wochenenden gibt es
keine Form der Betreuung oder Beschäftigung. Und das soll
Resozialisierung sein?", sagt er SPIEGEL ONLINE. Er selbst habe
mitbekommen, wie Häftlinge einem Mitgefangenen auf dem Handrücken
Zigaretten ausgedrückt hätten. Eingemischt habe er sich nicht. "Ich bin
doch nicht lebensmüde!"
Wenn ein Insasse
aufgrund
einer Prügelei oder eines Folterexzesses
nicht an der Arbeit der Gefangenen teilnehmen konnte oder wollte, ließ
er sich krank melden.
Hermann H. kam an
letzter Stelle in der Hierarchie
Der zu Tode
gefolterte
Hermann H. stand in der Häftlingshierarchie
als Neuzugang ganz unten. So schockierend das Leben von Hermann H.
endete, so traurig begann es in Leverkusen am 7. März 1986: Sein Vater
soll wegen Missbrauchs seiner Stieftochter im Gefängnis gesessen haben,
seine Mutter mit Drogen herumexperimentiert haben. Mit sechs Jahren kam
er das erste Mal in ein Heim, wechselte diese des Öfteren. Mit 17 haute
er ab, zog für kurze Zeit zu seinem Vater - und endete schließlich auf
der Straße. Mit 16 stand er erstmals vor dem Jugendrichter: Insgesamt
beinhaltet sein Strafregister 22 Eintragungen - Verbrechen, die er
beging, um sich Geld für Drogen zu beschaffen - eine typische
Diebstahlskarriere wegen Drogenabhängigkeit.
In die JVA Siegburg
kam er
letztendlich, weil er dabei erwischt
wurde, wie er die Scheibe eines Kaugummi-Automaten einschlug - zu lang
war das Register seiner Straftaten, zu oft hatte er gegen
Bewährungsauflagen verstoßen, Sozialstunden nicht geleistet.
"Hermann war keiner,
der
alles aufmischte. Eigentlich war er einer,
dem man helfen musste, weil er mit dem Leben nicht zurechtkam",
erinnert sich Rainer Gurk, Leiter des Fachbereichs Kinder und Jugend im
Jugendamt der Stadt Leverkusen im "Kölner Stadt-Anzeiger".
Staatsanwalt
prüft Ermittlungsverfahren gegen Personal
Noch immer laufen
die
Ermittlungen, ob die Staatsanwaltschaft gegen
das Haftpersonal ein Verfahren einleiten wird. Zwei Punkte stünden
dabei im Zentrum der Ermittlungen, so Fred Apostel, Sprecher der Bonner
Staatsanwaltschaft. Zum einen gehe es darum zu klären, warum kein
Aufseher die Gemeinschaftszelle betrat, als Hermann H. den Knopf zum
Rufen der Wärter gedrückt hatte; zum anderen ist noch immer unklar,
warum wenige Stunden danach die beiden Vollzugsbeamten, die die Zelle
betraten, sich nicht vom Zustand des misshandelten Häftlings
überzeugten - sondern ihn in seinem Bett, unter seiner Decke liegen
ließen.
Staatsanwaltschafts-Sprecher Fred Apostel und Staatsanwalt Robin
Faßbender, der am 11. November 2006 in Zelle 104 Zweifel an der
Selbstmordversion bekam, stehen im Mittelpunkt eines außergewöhnlichen
Medieninteresses.
Es ist das Interesse an einem Fall, der zum Politikum wurde, der
die NRW-Jugendgefängnisse auf den Prüfstand stellte - und Missstände
und Versäumnisse vor allem bei der Siegburger JVA aufdeckte (der
GA berichtete). Wohl deshalb sitzt
NRW-Justizministeriumssprecher Ulrich Hermanski dabei und schreibt mit.
Oberstaatsanwalt Apostel beginnt mit einer ungewöhnlichen
Einleitung: "Man sollte an dieses Verfahren nicht mit überschießenden
Emotionen herangehen." Es sei ein schwieriges Verfahren gewesen, und
man habe es mit "Neutralität, Engagement, wenn auch mit innerer
Beteiligung" bearbeiten müssen.
"Das hat Herr Faßbender in hervorragender Weise getan", sagt er
über den Kollegen, der dann das unvorstellbare Verbrechen schildert -
so, wie es sich aus den Angaben der drei Angeklagten, den
rechtsmedizinischen Befunden und der Spurensicherung ergab. Es begann,
so Faßbender, an jenem Tag nach dem Mittagessen.
Da hatte der 19-jährige Pascal I. die Idee, ein Stück Seife in ein
Handtuch zu wickeln und damit auf den im Bett liegenden Hermann H. (20)
einzuschlagen. Er habe das in einem Film gesehen, so die Erklärung. Die
es nicht wirklich erklärt: Noch tags zuvor hatte Hermann H. zu einer
Sozialarbeiterin gesagt, er fühle sich wohl mit den drei anderen, mit
denen er seit kurzem auf einer Zelle war.
Nun schlug Pascal auf ihn ein, der 17-jährige Danny K. und der
20-jährige Ralf A. taten es ihm gleich, und es begann eine stundenlange
Folter mit Misshandlungen, Vergewaltigungen und Erniedrigungen. Hermann
H. musste Wasser mit scharfem Pulver und Salz trinken, Zahnpasta essen,
dann sein Erbrochenes essen und den Inhalt des Toilettenbürstenhalters
trinken.
Die Misshandlungen zogen sich bis 15.30 Uhr hin, als ein Beamter in die
Zelle kam, um sich zu verabschieden. Warum Hermann H., der im Bett lag,
sich nicht an ihn wandte, was ihm den Ermittlungen zufolge möglich
gewesen sein soll, finden die Ermittler "unerklärlich".
In der Folgezeit vergewaltigten die drei Täter ihr Opfer mehrfach. Als
Hermann H. die Zelle putzen sollte, drückte er die Lichtrufanlage, doch
die Angeklagten bemerkten es und erklärten, man habe sich "verdrückt".
Dann wurde das Opfer gefesselt, geknebelt und wieder geschlagen.
Bis die Idee aufkam, ihr Opfer "wegzuhängen". Sie schrieben eine
Liste, pro und contra Tötung. Contra: Zu viert könne man mehr
einkaufen. Und: "fünf Jahre wegen Körperverletzung und zehn Jahre wegen
Mord." Pro: "Tote können nichts mehr erzählen." Sie entschieden sich
dafür.
Als Nachbarn sich über Lärm beschwerten und zwei Beamte kamen,
erklärten die drei, sie hätten Möbel gerückt. Es waren Möbel verrückt.
Hermann H. lag im Bett und schwieg. In den folgenden Stunden versuchten
sie ihr Opfer zu erhängen, viermal rissen die Kabel. Beim fünften Mal
verlor Hermann H. das Bewusstsein.
Sie schlugen ihn wach, fragen ihn nach seinen Nahtod-Erfahrungen,
gaben ihm ein Zigarette und erhängten ihn endgültig. Vorher hatten sie
ihm noch aus der Bibel vorgelesen. Hermann H. starb kurz nach 23 Uhr.
Am Morgen schlugen die drei Alarm und sprachen von Selbstmord.
Dass den Beamten und auch dem Leiter kein strafrechtlicher Vorwurf
zu machen sei, begründet Apostel damit, dass es sich bei den drei
Tätern nicht um "extrem gefährliche Gewalttäter oder um Häftlinge mit
erheblichen Auffälligkeiten im Vollzug" gehandelt habe.
"Es gab keine Anzeichen dafür, dass sich da etwas anbahnt", so
Apostel. Das Verhalten der Beamten habe der seit Jahren im Vollzug
geübten Praxis entsprochen. Dass die Beamten sich mit der Erklärung
zufrieden gegeben hätten, man habe sich "verdrückt", sei nicht
strafwürdig.
Denn dieser Sensor sei kein Alarmknopf, sondern diene der
Kommunikation zwischen Häftlingen und Beamten, sei sehr störanfällig
und führe häufig zu Fehlrufen. Und auch den Beamten, die in die Zelle
gesehen hätten, sei kein Vorwurf zu machen, da Hermann H. nichts gesagt
und es keine Anzeichen für Gewalt gegeben habe.
"Auch vor dem Hintergrund des unbegreiflichen Verbrechens ist
strafrechtlich relevant nicht festzustellen, welche Regelungen die
Leitung hätte treffen müssen, um es zu verhindern", so Apostel. Das
Verfahren gegen die Beamten sei einzustellen gewesen. Der Mordprozess
vor dem Landgericht soll im Sommer stattfinden.
(RPO)Der vor drei Wochen in der JVA Siegburg von Mithäftlingen zu
Tode
gefolterte 20-jährige Leverkusener ist gestern unter Ausschluss der
Presse beigesetzt worden. Gleichzeitig hat der politische Druck auf
NRW-Justizministerin Müller-Piepenkötter (CDU) weiter zugenommen.
Für sein Leben nach der
Entlassung aus
der JVA
Siegburg hatte sich Hermann H. viel vorgenommen. „Er wollte sein Leben
in den Griff bekommen, seinen Job bei der Zeitarbeitsfirma wieder
aufnehmen“, erzählt Stefan B., ein Freund von Hermann. Doch so weit kam
es nicht. Drei Mithäftlinge folterten den 20-jährigen Leverkusener zu
Tode.
Gestern wurde Hermann in
seiner
Heimatstadt unter
großer Anteilnahme seiner Familie und seiner Freunde beigesetzt. Die
Presse war nicht zugelassen. Hermanns Vater (70) hatte mit Hilfe seines
Anwaltes die Stadt aufgefordert, den städtischen Friedhof zu sperren,
um würdig von seinem Sohn Abschied nehmen zu können. An allen Eingängen
zum Friedhof gab es Taschenkontrollen, auch für die Familie. Niemand
sollte eine Kamera mit in die Kapelle schmuggeln können.
Eltern
zerstritten
Über
die Form der Beerdigung hatten sich die seit einigen Jahren
geschiedenen Eltern heillos zerstritten. Hermanns Mutter (53) hatte
eine Erdbestattung gewollt, sein Vater setzte durch, dass sein Sohn
verbrannt wird. Nach Ende der Trauerfeier bestellte Hermanns Mutter per
Handy Fotografen zum Grab.
Knapp drei Wochen nach dem
Gefängnismord in Siegburg bleibt NRW-Justizministerin Roswitha
Müller-Piepenkötter (CDU) unter Druck der Opposition. SPD und
Grüne
kritisieren massiv das von der Ministerin veranlasste
Untersuchungsverfahren zur Aufklärung von Gewaltdelikten in
NRW-Justizvollzugsanstalten. „Es kann nicht sein, dass die
Ministerin,
die selbst ein Teil des Problems ist, jetzt die Kommission einberuft,
den Untersuchungsauftrag definiert und den Vorsitzenden
bestimmt“, so
Fraktionschefin Sylvia Löhrmann. Ähnlich argumentiert die
SPD. Es gebe
so viele Ungereimtheiten, die dringend von einem wirklich
unabhängigen
Gremium untersucht werden müssten, meint der SPD-Politiker Ralf
Jäger.Die Mutter des Ermordeten bei der Beerdigung in Leverkusen.
Foto: Uwe Miserius
Am Mittwoch wollen beide
Oppositionsparteien
im Landtag die Einsetzung einer solchen Kommission beantragen, für die
jede Landtagsfraktion Experten benennen würde. Allerdings bedarf es
dazu einer parlamentarischen Mehrheit - die ist derzeit nicht in Sicht.
SPD und Grüne fordern weiterhin
den Rücktritt der Ministerin. Mit ihren jüngsten Einlassungen im
Rechtsausschuss des Landtags habe sie sich als „nicht handlungsfähig“
erwiesen, sagt Löhrmann. Deswegen sei Müller-Piepenkötter für die
Grünen nur noch eine „Ministerin auf Abruf“.
Anders als die Grünen
behält sich die
SPD zudem noch
einen förmlichen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) vor.
Für die Grünen wäre ein PUA „das schlechtere Instrument, weil das Thema
nicht in die parteipolitische Auseinandersetzungen gehört“. Außerdem
müssten rasche Lösungen her. Löhrmann: „Es gibt Stimmen, dass
gravierende Gewaltdelikte in den Zellen nahezu an der Tagesordnung
sind. All das muss schnellstens aufgeklärt werden.“
Das Justizministerium
verweist darauf,
dass die
Ministerin schon im Frühjahr eine systematische wissenschaftliche
Untersuchung über die Ursache von Gewalt in sämtlichen Haftanstalten
des Landes in Auftrag gegeben habe. Letzten Ausschlag dafür habe die
Mitteilung einer Richterin aus Aachen gegeben. Diese hatte es
abgelehnt, jugendliche Straftäter in Untersuchungshaft zu schicken,
weil diese dort mit Übergriffen rechnen müssten.
Der
Prozess um den Foltermord im Jugendgefängnis beginnt mit einem
erschütternden Geständnis: Einer der drei Angeklagten schildert die
Behandlung des zu Tode gefolterten Mitgefangenen so lapidar, als handle
es sich um eine Bastelarbeit. Von Hans Holzhaider, Siegburg
Danny
K. ist der jüngste der drei Angeklagten. Im September wird er 18 Jahre
alt. Pascal I. ist 19, und Ralf A. ist vor vier Monaten 21 Jahre alt
geworden.
Pascal ist sehr blass, sein schmales Gesicht wirkt
noch länger, weil er sich die Schläfen und den Hinterkopf kahl rasiert
und die verbleibenden Haare in die Höhe frisiert hat. Ralf ist ein
kleiner, magerer Kerl mit halblangen, hübsch geföhnten Haaren, an jeder
Kinokasse würde man ihn nach dem Alter fragen. Danny ist etwas
stabiler, ein dunkler Typ, seine Mutter, sagt er, sei "fast schwarz".
Nichts ist außergewöhnlich an ihnen. Nichts außer der Tat, die sie
gemeinsam auf die Anklagebank gebracht hat.
Am
11. November 2006, einem Samstag, haben sie zwischen Mittag- und
Abendessen in der Justizvollzugsanstalt Siegburg den vierten Mann in
ihrer Zelle, den 20-jährigen Hermann H., stundenlang auf denkbar
grausame und erniedrigende Art gequält und ihn schließlich mit einem
zum Strick gedrehten Bettlaken an der Toilettentür erhängt.
Am
Mittwoch begann der Prozess vor der Jugendkammer des Landgerichts Bonn
mit einem ausführlichen Geständnis. Danny K., als erster zur Sache
befragt, beschönigte nichts und versuchte keinen Augenblick lang, seine
eigene Rolle bei der Tragödie kleinzureden.
"Das war für uns
nur so ein Spaß"
Die
Geschichte beginnt harmlos, mit einem Kartenspiel, bei dem es darum
geht, dass derjenige, der eine falsche Karte rät, einen Schlag auf die
Finger bekommt. Dann, sagt Danny, kam der Pascal "auf so ne Idee mit
der Seife". Man wickelt eine Seife in ein Geschirrtuch und schlägt
damit zu. Das hat Pascal in dem Film "Full Metal Jacket" gesehen.
Sie
haben alle drei abwechselnd auf Hermann eingeschlagen. Warum? Keine
Ahnung. "Das war für uns nur so ein Spaß", sagt Danny. Dann hatte Danny
eine andere Idee: den Herrmann zum Erbrechen zu bringen. Man mixt ein
Gebräu aus Wasser, Salz und Chili, das muss er trinken. Dann noch eine
Tube Zahnpasta hinterher. Was dann folgt, ist bei Weitem zu
unappetitlich, um es zu erzählen.
Aber die Gewalt eskaliert
zusehends. Sie prügeln auf ihn ein, mit Fäusten und Füßen. Sie
vergewaltigen ihn mit dem Stiel eines Handfegers. Sie prügeln weiter.
Irgendwann gelingt es dem Gefolterten, die Lichtalarmanlage zu
betätigen. Sie fesseln ihn ans Bett, knebeln ihn mit einem
Geschirrtuch, und als sich ein Beamter über die Gegensprechanlage
meldet, sagt Danny, er habe sich "verdrückt". Später schauen sie dann
Sportschau im Fernsehen. "Ich hatte schon vorher mal gesagt, komm, lass
uns den weghängen", sagt Danny, "aber nur so aus Spaß".
Nach der
Sportschau
schreiben sie dann eine Liste mit Argumenten für und gegen das
"Weghängen". Das Pro überwiegt. "Der Pascal und der Ralf wollten auf
’psychisch kaputt‘ machen", sagt Danny, "damit sie früher rauskommen".
Hermann musste einen Abschiedsbrief schreiben. "Wir haben ihm gesagt,
er soll ordentlich schreiben", sagt Danny. Den Brief haben sie aber
danach verbrannt.
Dann schildert Danny K., wie er und seine
beiden Kumpane versuchten, Hermann H. aufzuhängen. Er schildert das so
lapidar und nüchtern, als ging es um irgendeine Bastelarbeit.
Wie
sie es viermal hintereinander mit einem Elektrokabel versuchten, erst
mit dem vom Fernseher, dann vom Tauchsieder, wie Pascal I. jedes Mal
den Knoten knüpfte, weil keiner der anderen das konnte, wie Hermann
sich zuerst auf einen Stapel Bücher und dann auf einen umgekippten
Putzeimer stellen und sich die Schlinge immer selbst über den Kopf
ziehen musste und wie das Kabel immer wieder riss - "das hat immer
nicht geklappt", sagt Danny.
Schließlich schnitten sie dann ein
Bettlaken in Streifen, und damit klappte es endlich. Dann machten sie
noch einen Plan für den nächsten Morgen: Ralf A. sollte die Tür
aufmachen, hinter der der tote Herrmann hing, dann sollte er anfangen
zu schreien, und dann den Alarmknopf drücken. So machten sie es auch,
aber schon bei der zweiten Vernehmung hielt Danny das Theater nicht
mehr durch und erzählte alles.
"Eigentlich", sagt Danny dann auf
die Frage des psychiatrischen Sachverständigen, "wollte es in
Wirklichkeit keiner von uns. Immer wieder mal hat einer gesagt, wir
sollen aufhören. Aber dann haben die anderen gesagt, das geht nicht.
Keiner wollte als Feigling dastehen."
(SZ vom 2.8.2007) ++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
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Angeklagte
schildern, wie sie ihren Mithäftling stundenlang folterten, bevor sie
beschlossen, "ihn wegzuhängen"
Von Rita Klein
Bonn.
Schon morgens um 6 Uhr postieren sich die ersten
Übertragungswagen der Fernsehstationen vor dem Landgericht. Als um halb
neun die Tür zum Sitzungssaal 0.11 geöffnet wird, strömen so viele
Journalisten und Fotografen hinein wie noch nie bei einem Prozess in
Bonn. Alle wollen die drei jungen Männer sehen, die am 11. November im
Siegburger Gefängnis ihren 20-jährigen Mithäftling fast zwölf Stunden
lang folterten, bevor sie beschlossen, "ihn wegzuhängen".
Um kurz nach neun werden zwei blasse,
unscheinbare und sehr jung
wirkende Männer von Wachtmeistern im Blitzlichtgewitter der Fotografen
in den Saal gebracht, Ralf A. (21) und Pascal I. (19) sind mit der
Ablichtung einverstanden.
Der 17-Jährige Danny K. erscheint erst, nachdem die Fotografen auf
Anordnung des Jugendschwurgerichts den Saal verlassen haben - und sieht
sich den Angehörigen seines Opfers gegenüber: Auf der Bank der
Nebenkläger sitzen Hermann H.`s Mutter, Schwester und Bruder mit ihren
Anwälten.
Und während die Geschwister den Blick nicht von den Mördern ihres
Bruders wenden, sitzt die Mutter mit starrem Blick neben ihrem Anwalt.
Sie habe morgens vom Arzt etwas zur Beruhigung bekommen, teilt sie vor
Prozessbeginn mit. Vielleicht der Grund für ihre scheinbare
Teilnahmslosigkeit. Der Vater ist nur durch seinen Anwalt vertreten. Er
könne, so heißt es, den Prozess psychisch nicht durchstehen.
Es ist nicht die Familie, wie Hermann H. sie sich gewünscht hat:
die Mutter hatte mit ihm kaum Kontakt, der vorbestrafte Vater indes
schon. Das beste Verhältnis soll er mit seinem Bruder und dessen Frau
gehabt haben. Weder Bruder noch Schwester wechseln an diesem Tag mit
der Mutter einen Blick oder ein Wort.
Dann eröffnet Kammervorsitzender Volker Kunkel die Verhandlung,
Staatsanwalt Robin Faßbender verliest die Anklage. Und selbst
diejenigen, die die Vorwürfe schon kennen, haben Mühe, die Fassung zu
wahren, als Faßbender die Misshandlungen, Erniedrigungen, Demütigungen
schildert, die Hermann H. bis zu seinem Tod kurz vor Mitternacht
erleiden musste.
Laut Anklage schlugen sie ihn immer wieder, zwangen ihn, sein
eigenes Erbrochenes zu essen, nachdem sie ihm eine Mischung aus Salz
und Chilischoten und Zahnpasta hineingezwungen hatten. Sie zwangen ihn,
den Inhalt des Toilettenbürstenhalters zu trinken, nötigten ihn
sexuell, vergewaltigten ihn mit dem Handfeger und schlugen zu, nachdem
er den Alarmknopf gedrückt hatte.
Am Nachmittag wurde, so der Staatsanwalt, die Idee, ihn
"wegzuhängen", konkret. Sie erstellten eine Liste Pro und Contra. Und
am Abend setzten sie die Idee um: Vier Mal hängten sie Hermann H. mit
Kabeln an der Tür der Nasszelle auf, jedesmal rissen die Kabel.
Dann rissen sie Hermann H.`s Betttuch in Streifen, verknoteten es
und hängten ihn damit auf. Das Opfer musste jedesmal selbst die Bücher
oder Eimer unter seinen Füßen wegtreten - und erdulden, dass sie ihm
aus der Bibel vorlasen.
Der fünfte Versuch gelang, aber sie hängten den schon Bewusstlosen
wieder ab, schlugen ihn wach, gaben ihm eine Zigarette und fragten ihn,
was er gesehen habe. "Meine Familie", soll Hermann H. gesagt haben.
Dann hängten sie ihn endgültig auf, warteten zehn Minuten. Danny K.
fühlte nach eigenen Angaben das Herz ab. Es schlug nicht mehr. Am
nächsten Morgen verkündeten sie entsetzt den Selbstmord ihres
Mithäftlings. Warum?
Es ist diese Frage, die alle am meisten beschäftigt. Warum haben
sie einen Menschen, eingesperrt wie sie, auf so grausame Weise gequält
und getötet? Alle drei gestanden wenige Tage nach der Tat, nach Worten
von Staatsanwalt Faßbender so detailliert und unverblümt, dass er es
nicht fassen konnte.
Auch jetzt gestehen sie alle drei, und Danny K., bei dessen Aussage
zur Person aus Jugendschutzgründen die Öffentlichkeit ausgeschlossen
war, berichtet als erster freimütig, wie es dazu kam.
Wie man Hermann H., mit dem man erst seit kurzem auf Zelle war und
der so anders war als sie drei, immer nur still auf dem Bett gelegen
habe, nach dem Mittagessen zunächst mit in Handtüchern gewickelter
Seife geschlagen habe. Alle zusammen vielleicht 30 Mal. Hermann habe
nur gestöhnt. "Er hat den ganzen Tag über nur zwei Mal gesagt: hört
auf", sagt er. "Am Anfang", sagt er, "war es nur ein Spaß."
Ob denn keiner mal gesagt habe, man solle aufhören, will der
Richter wissen. Doch, das habe immer mal einer gesagt, aber dann hätten
die anderen weitermachen wollen. Und wann entstand die Idee, ihn zu
töten? "Das habe ich mal aus Spaß gesagt, 'kommt, lass uns den
weghängen'", antwortet der 17-Jährige.
Und: "Irgendwie wollten wir das alle drei nicht, aber keiner wollte
vor den anderen als Weichei dastehen." Hermann habe mitgekriegt, als
sie ihre Liste gemacht hätten, und auf ihre Frage, ob er sterben wolle,
gesagt: "Ja, wenn ihr mich dann in Ruhe lasst."
Ruhig, fast technisch, schildert er, wie das mit dem Aufhängen war.
Aber auch: "Ich habe Schiss gehabt, aber ich wollte kein Weichei sein."
Danny K. bleibt ruhig, bis der Anwalt von Hermann H.`s Mutter ihn
fragt, warum er nie Kontakt mit Hermanns Familie aufgenommen habe.
Da bricht es aus ihm heraus: "Wenn ich in der Lage der Mutter wäre,
wie sollte die sich fühlen?" Nach dem, was passiert sei. "Da kann ich
doch nicht mit einer Entschuldigung kommen, wenn ich da an meine eigene
Mutter denke."
Auch Pascal I. versichert, alle hätten ans Aufhören gedacht: "Aber
es war alles Gruppenzwang." Und hinterher? "Für mich war das ein
Schock, und ich glaube, für die anderen auch." Warum überhaupt diese
Gewalt gegen einen, der einem nichts getan hat, wird er gefragt. Als es
passiert sei, habe er nicht darüber nachgedacht.
Aber wie Danny meint er nun: Das waren die Aggressionen, die sich
im Knast ansammelten, wo man selbst nur Gewalt erfahre und keiner einem
helfe: "Einfach draufschlagen, gar nicht daran denken, dass das ein
Mensch ist." Ralf A. sagt nur: Alle Vorwürfe stimmen.
Wie diese Tat unter staatlicher Obhut möglich war, erfährt auch der
Abgesandte der Landtags-SPD, der im Saal sitzt, an diesem Tag nicht.
"Ich
habe schließlich keinen Bock, in der Hölle zu landen"
Gequält,
vergewaltigt, zum Selbstmord gezwungen:
Mehr als zwölf Stunden lang haben drei junge Männer ihren Mithäftling
Hermann H. gefoltert. Auf die Frage nach dem Motiv für die
Schreckenstat sagte einer von ihnen jetzt vor Gericht: "Wir haben uns
nichts dabei gedacht."
Bonn
- "Irgendwann wollte niemand mehr derjenige sein, der den
Rückzieher macht", sagte der 19-jährige Pascal I. heute zu Beginn des
Mordprozesses vor dem Bonner Landgericht. Mit ihm angeklagt sind der
17-jährige Danny K. und der 21-jährige Ralf A. Die drei Häftlinge
hatten bereits bei früheren Vernehmungen gestanden, den 20-Jährigen in
der Nacht zum 12. November 2006 zunächst gequält und schließlich
gezwungen zu haben, sich mit einem Bettlakenstreifen selbst zu erhängen.
Nach
eigenen Aussagen malträtierten die drei unscheinbar wirkenden
jungen Männer den Mithäftling nach dem gemeinsamen Mittagessen ohne
Grund stundenlang mit Schlägen und Tritten. Auch vergewaltigten sie ihn
mehrfach mit einem Gegenstand und zwangen das Opfer, Wasser mit
scharfem Pulver zu trinken, eine Tube Zahnpasta und Erbrochenes zu
essen. Gegenüber den Justizbeamten behaupteten sie zunächst, ihr
Zellengenosse habe sich umgebracht.
Wütend seien sie
nicht auf
ihren Mithäftling gewesen, erklärten die
Angeklagten. "Er war eher ruhig und zurückhaltend, hat immer im Bett
gelegen und nicht viel geredet", sagte der 17-Jährige. "Ein
Außenseiter-Typ eben." Die Staatsanwaltschaft begründete die
Mordanklage mit der grausamen Tötung und den Motiven Mordlust und
Vertuschung der vorangegangenen Straftaten.
Zum Prozessauftakt
gaben die
Angeklagten außerdem zu, dass sie aus
Berechnung töteten. Sie hätten auf eine "Blitzentlassung" spekuliert.
Die kann gewährt werden, wenn Haftinsassen wie bei einem Suizid
psychisch angeschlagen sind. "Wir wollten einen auf psychisch krank
machen", sagte der 19-Jährige.
Dabei sei die Idee,
das
Opfer "wegzuhängen", zunächst gar nicht
ernst gemeint gewesen, sagte der 17-Jährige. "Ich hatte das nur so aus
Spaß in den Raum geworfen. Dann haben wir aber gemerkt, was wir getan
haben und mussten da durch." Gemeinsam mit Pascal und Ralf habe er
schließlich eine Liste mit Argumenten geschrieben, die für und gegen
die Tötung sprächen. Darin wird laut Anklage unter anderem das Motiv
genannt, "dass Tote nichts mehr erzählen können".
Fünf Mal hätten sie
versucht, den Zellengenossen, der wegen
Diebstahls im Gefängnis saß, zu erhängen. Drei Mal riss das Kabel. Beim
vierten Versuch drehten sie den Aussagen zufolge einen Henkerstrick aus
Bettlaken, weckten das Opfer jedoch mit Ohrfeigen wieder aus seiner
Bewusstlosigkeit, um ihn zu seinen Nahtod-Erfahrungen zu befragen.
"Erst nachdem wir ihm dann eine Zigarette zum Rauchen gegeben haben,
haben wir es endgültig getan", sagte der 17-Jährige, der nervös
stotternd die schrecklichen Details des Verbrechens wiedergab.
Zu seiner Person
wollte der
Minderjährige vor Publikum nicht
aussagen. Daher schloss der Vorsitzende Richter der 8. Strafkammer die
Öffentlichkeit kurzzeitig aus. Die beiden übrigen Angeklagten dagegen
gaben Einblick in eine zerrüttete Kindheit und Jugend. Seit dem
zwölften Lebensjahr, so erklärten sie, nähmen sie bereits regelmäßig
Drogen. Der 21-Jährige ist in mehreren Heimen groß geworden, der
19-Jährige war zwei Mal in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie
untergebracht. Beide sind während ihrer Haftzeit Vater geworden.
Unvorstellbar
schien, dass
das Gefängnispersonal die Folter-Vorgänge in
der Siegburger Gemeinschaftszelle nicht bemerkt hatte, obwohl die
Wärter mehrere Male in der Zelle nachschauten. Ermittlungen gegen den
Leiter der Justizvollzugsanstalt und vier Beamte wurden im April
eingestellt, weil die Staatsanwaltschaft keine strafrechtlich
relevanten Dienstverletzungen feststellen konnte. Der Gefängnisleiter
und sein Stellvertreter wurden aber versetzt. Nordrhein-Westfalen
beschloss Verbesserungen im Strafvollzug, und in den Ländern werden
Jugendstrafvollzugsgesetze reformiert.
Für den Prozess sind
zunächst acht Verhandlungstage angesetzt. Dem
17-Jährigen droht die höchst mögliche Jugendstrafe von zehn Jahren.
Falls die beiden anderen nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt werden,
droht ihnen lebenslange Haft. Das Urteil wird für den 28. August
erwartet.
Entschuldigt habe er
sich
bislang nicht bei den Angehörigen, sagte
der 17-Jährige. "Ich kann doch nicht einfach sagen, es tut mir leid.
Das bringt doch nichts", sagte er. Für sich persönlich habe er
allerdings Konsequenzen aus dem Geschehen gezogen. "Ich habe
schließlich keinen Bock, in der Hölle zu landen."
Siegburger
Foltermord:
"Hilfe, holt uns hier raus, hier hängt ein Toter"
JVA-Bedienstete
schildern, mit welcher Schauspielkunst die drei Angeklagten sich nach
dem Mord als traumatisierte Opfer ausgaben - Verteidigung lehnt
Gutachter ab
Von Rita Klein
Siegburg/Bonn.
War es nur berechnende Schauspielkunst oder auch
echtes Entsetzen über das eigene Tun, mit dem die drei Siegburger
Häftlinge nach dem Foltermord an ihrem Mithäftling aufwarteten? Die
Antwort kennen nur Danny K. (17), Pascal I. (19) und Ralf A. (21)
selbst.
Aber
etwas wird am Dienstag im Mordprozess vor dem Bonner
Jugendschwurgericht sehr klar: Was immer in ihnen vorging am Morgen des
12. November, sie waren in ihrem zur Schau gestellten Schock über den
angeblichen Selbstmord ihres Mithäftlings sehr überzeugend. So
überzeugend, dass sie plangemäß zunächst als traumatisierte Opfer
gesehen wurden.
Im Zeugenstand schildern vier JVA-Bedienstete, wie gegen 6.15 Uhr
der Notruf der Angeklagten einging. Aus der Gegensprechanlage habe man
nur ein aufgeregtes Stimmengewirr gehört: "Hilfe, holt uns hier raus,
hier hängt ein Toter." Mehrere Beamte seien zu der Zelle gerannt,
hätten aufgeschlossen, und die drei jungen Männer seien ihnen
entgegengestürmt und hätten sich in einer Ecke zusammengekauert. "Sie
wirkten völlig verstört und haben gezittert", sagt ein Beamter. Man
habe sie zu anderen Häftlingen gesperrt, damit sie ihr "Redebedürfnis
ausleben" konnten.
Auch für einen der sofort alarmierten Polizisten passte alles zu
dem angeblichen Selbstmord. Und der Gefängnisarzt, der gerufen wurde,
um Hermann H.'s Tod festzustellen, kann nun im Zeugenstand nur sagen:
"Es fügte sich alles mit der Anfangsvermutung eines Selbstmords
zusammen." Äußere Verletzungen habe er an dem bekleideten Toten nicht
festgestellt, und ausgezogen habe er ihn nicht, um keine Spuren zu
verfälschen. Eine Umsichtigkeit, für die ihm Staatsanwalt Robin
Faßbender dankbar ist, wie der sagt.
Faßbender hatte die Obduktion des angeblichen Selbstmörders
angeordnet, und schon wenige Tage später hatten die drei angeblich
Traumatisierten den Mord im Detail geschildert - und die Folter, die
Demütigungen, Erniedrigungen und mehrmaligen Versuche, ihr Opfer
aufzuhängen, bevor sie ihn gegen 23 Uhr endgültig an der Tür der
Nasszelle erhängten. Und nach wie vor steht die Frage nach dem Warum im
Mittelpunkt des allgemeinen Interesses.
Die Angeklagten selbst sprechen von Gruppenzwang und davon, dass
sich angestaute Aggressionen entladen hätten auf einen Außenseiter, der
immer nur still auf dem Bett gelegen habe. Danny K. hatte aber auch
erklärt, man habe schon morgens darüber gesprochen, einen
"wegzuhängen". Und: "Es war klar, dass das der H. sein musste, der war
der Schwächste."
Diese Einschätzung teilt nun auch ein JVA-Bediensteter: "Hermann H.
war ein Opfertyp", sagt er spontan. Und antwortet auf die Frage, ob man
in der JVA besonders auf so jemanden achte: "Nein, wenn der nicht sagt,
ich werde unterdrückt. Nur sprechenden Menschen kann geholfen werden."
Als dominant hingegen wird der 17-jährige Danny K., eingestuft. Er
sprach demnach als erster von "Weghängen", und er soll derjenige
gewesen sein, der die Liste Pro- und Contra-Mord aufstellen wollte.
Auf der Pro-Mord-Seite: nach dem angeblichen Selbstmord könne man
als Traumatisierte auf eine "Blitzentlassung" hoffen. Sein Geständnis,
so schildert ein Polizist, habe Danny K. sehr flüssig abgegeben.
Betroffen, so der Beamte auf die entsprechende Frage, nein, betroffen
sei K. nicht gewesen. Auch an diesem Tag ist nicht zu erkennen, was in
den drei jungen Männern vorgeht. Sie antworten auf alle Fragen nach
allen grausigen Einzelheiten - wieder und wieder, ruhig und gefasst.
Pascal I. geht es ohnehin nur um eines: dass er als Jugendlicher
bestraft wird. Und so lehnt seine Verteidigung den Psychiater Dr.
Wolfgang Schwachula, der Pascal I. in seinem vorläufigen Gutachter im
Reifegrad einem Erwachsenen gleichstellt, wegen Befangenheit ab.
Schwachula, so die Anwälte in ihrem einstündigen Vortrag, habe nicht
die nötige Sachkunde in Jugendpsychiatrie, sei unprofessionell
vorgegangen und habe I. bei der Begutachtung eine "Standpauke"
gehalten. Die Verteidigung fordert ein Gutachten von einem
Jugendpsychiater. Dem schließt sich Ralf A.'s Verteidigung an.
Einig sind sich Gericht und Verteidigung: Es ist zu wenig bekannt
über die Angeklagten und ihre Vorgeschichte. Das Gericht hat bereits
mit Nachforschungen begonnen, wie Kammervorsitzender Volker Kunkel
mitteilt.
Und noch eine Einschätzung teilen Verteidiger und Kammer: Fragen
der Nebenklägeranwälte, die auf Missstände in der JVA und die
Verantwortung der Politik abzielen, dürfen in diesem Prozess keine
Rolle spielen. Zumal die entsprechenden Verfahren gegen JVA-Bedienstete
und die Anstaltsleitung eingestellt seien. Der Prozess wird am Mittwoch
mit der Vernehmung von Mithäftlingen und Polizisten fortgesetzt.
Siegburger Foltermord:
"Wenn du wüsstest, was wir mit dem gemacht haben"
Im
Prozess sagen damalige Mitgefangene der drei Angeklagten und des Opfers
als Zeugen aus - Sie bezweifelten sofort nach der Tat die
Selbstmordversion
Von Rita Klein
Siegburg/Bonn.
Als die Häftlinge in der Siegburger
Justizvollzugsanstalt am Morgen des 12. November hörten, dass sich
nachts in einer Viererzelle jemand an der Toilettentür erhängt habe,
kamen ihnen sofort Zweifel.
Am Mittwoch schildern einige von
ihnen vor dem Bonner
Jugendschwurgericht jenen Morgen, an dem die drei scheinbar völlig
verstörten Gefangenen Danny K. (17), Pascal I. (19) und Ralf A. (21)
nach dem angeblichen Selbstmord ihres Zellengenossen zu ihnen verlegt
worden waren.
Die Zweifel waren berechtigt: Hermann H. war grausam gefoltert und
ermordet waren. Die Selbstmordgeschichte war erlogen, die vorgegebene
Traumatisierung reines Kalkül der Täter, um Vorteile zu erhalten. Nun
sitzen Danny K., Pascal I. und Ralf A. wegen Mordes vor Gericht und
erleben ihre ehemaligen Mithäftlinge als Zeugen.
Ein 22-Jähriger schildert, wie er zu dem angeblichen Selbstmord an
der Tür zu Pascal I. gesagt habe: Die Tür sei viel zu kurz, da hätten
sie dem Jungen wohl die Beine hoch gehalten und am Seil gezogen. Pascal
habe gelacht und gesagt: "Wenn du wüsstest, was wir mit dem alles
gemacht haben."
Als dann die Wahrheit ans Tageslicht kam, seien die drei sofort
verlegt worden. "Und das war auch gut so", sagt der Zeuge mit Blick zu
den Angeklagten. Und: "Ich hätte ihnen das nicht zugetraut." Das Opfer
habe er als sehr still erlebt. Ein Eindruck, den auch ein anderer
Häftling bestätigt: "Der konnte keinem was zuleide tun." Und: "Der
Junge tut mir echt leid."
Der dritte Zeuge kennt Ralf A. schon lange, sie waren vor sechs
Jahren zusammen im Heim. A. sei damals "ein netter Junge" gewesen. Am
Morgen des 12. November waren alle drei Angeklagten zu ihm auf die
Zelle verlegt worden und hatten ihn gebeten wegen des Selbstmords ein
ruhiges, trauriges Lied auf der Gitarre zu spielen. "Die haben traurig
geguckt, aber ich habe gemerkt, da war was im Busch. Die waren komisch
drauf." Bevor der 17-Jährige wieder in Handschellen aus dem Saal
geführt wird, sucht er den Blick seines alten Kumpels - vergebens. Ralf
A. blickt nicht hoch.
Der 21-Jährige sitzt meistens auf der Anklagebank, als sei er
innerlich nicht da. Er hat bisher am wenigstens zu der Tat gesagt, die
er in seiner ersten Vernehmung genauso bestritten hatte wie Pascal I.,
was nun durch die damals vernehmenden Polizisten im Zeugenstand
deutlich wird. Und als beide später erfuhren, dass Danny K. ein volles
Geständnis abgelegt und Folter sowie Erhängung von Hermann H. gestanden
hatte, schoben sie den jeweils anderen die Haupttäterschaft zu.
Wieder und wieder muss sich der Bruder des Opfers als Nebenkläger
aus dem Mund der Polizisten anhören, wie die drei die Folter und den
Mord an Hermann H. in ihren Vernehmungen schilderten; wie Pascal I. auf
die Frage, ob denn keiner von ihnen irgendwann einmal gesagt habe,
jetzt reiche es aber mit den Misshandlungen, antwortete: Doch, das habe
man gesagt. Denn wenn H. zu schlimm aussähe, könne man ihn nicht mehr
"weghängen" und einen Selbstmord vortäuschen.
Und der Bruder hört, wie I. zu den Polizisten sagte: "Wer sich
nicht wehrt, bekommt immer mehr Schläge. Hätte er sich gewehrt, wäre es
vielleicht nicht soweit gekommen." Ralf A. habe auf die Frage, warum
man Hermann H. am Ende aus der Bibel vorgelesen habe, geantwortet: "Das
macht man doch, wenn einer stirbt." Der Prozess wird kommenden Dienstag
fortgesetzt.
Im Prozess um Mord im
Siegburger Gefängnis hat Sozialarbeiterin das Wort
Auch
Vollzugsbeamte sagen aus - Opfer fühlte sich in Viererzelle wohl -
Wärter schöpften keinen Verdacht, als sie abends Zelle 104 inspizierten
Von Benjamin
Jeschor
Siegburg/Bonn. Eine
Sozialarbeiterin und drei Wärter sagten am Dienstag am vierten
Verhandlungstag im Prozess um den Mord an dem 20 Jahre alten Hermann H.
im Siegburger Gefängnis aus.
Gerade zu Pascal I. habe sie regelmäßig Kontakt gehabt,
schilderte die
51 Jahre alte Sozialarbeiterin. Er sei keine "ausgereifte
Persönlichkeit", habe sie oft angesprochen und um Hilfe gebeten. Mit
seinen 17 und 21 Jahre alten Mitangeklagten Danny K. und Ralf A. quälte
und missbrauchte Pascal I. das Opfer am 11. November 2006 über mehrere
Stunden. Dann zwang das Trio den 20-Jährigen, sich an der Toilettentür
zu erhängen.
"Selbstverständlich" sei sie von der Tat immer noch berührt und
mitgenommen, antwortete die Sozialarbeiterin auf die Frage eines
Verteidigers. Oft habe sie sich gefragt, wie es so weit kommen konnte.
Und: "So etwas hätte ich ihnen nicht zugetraut." Sie habe "viel
nachgegrübelt, ob es Hinweise gab", doch ergebnislos. "Wenn ich eine
Erklärung hätte, wäre ich froh." Mit Pascal I. habe sie schon
über
konkrete Vorbereitungen für die Haftentlassung gesprochen, denn lange
hatte der 19-Jährige, der bis zu jenem Samstag "nichts Gravierendes" in
der JVA anstellte, nicht mehr abzusitzen.
Durchaus positive Ansätze seien in ihren Augen bei Ralf A. zu
sehen gewesen. Er sei ein eher "ruhiger Typ", den sie als
"zurückhaltend und vorsichtig" erlebt habe. Über Danny K., den zuletzt
einer ihrer Kollegen betreute, konnte die 51-Jährige nur berichten,
dass er ihr gegenüber immer freundlich gewesen sei.
Besonderes Augenmerk legte die Jugendschwurgerichtskammer dann auf
die Frage, wie sich das spätere Mordopfer über die wenige Tage vor der
Tat wegen Renovierungsarbeiten erfolgte Zusammenlegung auf eine mit
vier Häftlingen belegte Zelle äußerte.
"Mehrfach", so berichtete die Sozialarbeiterin, habe sie Hermann
H. gefragt, ob er sich wohlfühle, und er habe dies stets "ausdrücklich
bejaht". Sogar noch einen Tag vor dem Mord.
Der Neuling im Gefängnis habe sich vielmehr darüber gefreut, dass
er mit Deutschen auf einer Zelle liege und mit diesen Karten spielen
könne. Im Nachhinein hatte die Zeugin "nicht den Eindruck", dass
Hermann H. ihr etwas mitteilen wollte.
Zufrieden registrierten die Verteidiger von Pascal I., dass die
Zeugin ihren Mandanten "auf gar keinen Fall" als Erwachsenen sehe: "Der
ist für mich ein Jugendlicher." Zuvor hatte das Gericht den Antrag der
Anwälte abgeschmettert, den psychiatrischen Sachverständigen wegen
Befangenheit abzulehnen.
In einem vorläufigen Gutachten zur Frage der Schuldfähigkeit
verneint dieser bei den beiden Heranwachsenden ein Reifedefizit und
stellt sie in seiner Beurteilung Erwachsenen gleich. Dies bedeutet,
dass Pascal I. und Ralf A. mit einer lebenslangen Haftstrafe rechnen
müssen - und nicht mit der im Jugendrecht höchsten Strafe von zehn
Jahren.
In den Zeugenstand traten am Dienstag zudem Justizvollzugsbeamte,
die am 11. November Dienst hatten. Einem 39-Jährigen war
nichts
Außergewöhnliches aufgefallen, als er sich am Nachmittag von den
Häftlingen verabschiedete. Er habe "etwa einen Schritt" in der Zelle
gestanden, während die drei Angeklagten am Tisch saßen. Hermann H. habe
angezogen mit dem Gesicht zur Wand in seinem Bett gelegen. Auch die
beiden Wärter, die am Abend nach Beschwerden anderer Häftlinge wegen
Lärms aus der Zelle 104 angerückt waren, schöpften keinen Verdacht.
Die Beschuldigten gaben an, "Möbel gerückt" zu haben. Daraufhin
wurden sie ermahnt und zur Einhaltung der Nachtruhe aufgefordert.
Hermann H. habe wiederum im Bett gelegen. Diesmal soll er die Beamten
angeschaut, aber erneut nichts gesagt haben.
Siegburger Foltermord: Mithäftling will Schläge gemeldet haben
Damaliger
Mitgefangener macht überraschende Angaben im Prozess - Bei der
Zeugenaussage seiner Mutter bricht der 21-jährige Angeklagte in Tränen
aus
Von Rita Klein
Siegburg/Bonn.
Und plötzlich ist sie wieder da, die Frage, die nach dem Foltermord in
der Siegburger JVA mit der Einstellung der Ermittlungsverfahren gegen
die damals diensthabenden Vollzugsbeamten beantwortet zu sein schien:
Hätte die Ermordung des 20-jährigen Hermann H. durch seine drei
Mithäftlinge am 11. November 2006 doch verhindert werden können? Denn
was ein damaliger Mithäftling am sechsten Tag im Prozess gegen die drei
jungen Männer vor dem Bonner Jugendschwurgericht im Zeugenstand
aussagt, lässt alle im Saal aufhorchen.
Der 20-Jährige, der seine Haft verbüßt hat und damals in der Zelle
unter derjenigen der Angeklagten und des Opfers eingesperrt war,
behauptet: Als er an jenem Abend den Alarmknopf gedrückt habe, habe er
sich bei den Beamten nicht nur über Krach in der Zelle über sich
beschwert, sondern auch gesagt, dass dort jemand geschlagen werde.
Und dabei bleibt der Zeuge auch, als er darauf hingewiesen wird:
Keiner der Beamten jener Nacht, die tags zuvor im Zeugenstand saßen,
habe davon etwas gesagt. Also müsse hier jemand lügen. Doch der
20-Jährige sagt ohne zu zögern: "Was hätte ich davon, jetzt hier zu
lügen?" Er schildert auch, dass der Krach in der Zelle über ihm bereits
fünf Tage vor dem Mord angefangen habe.
Da waren die drei Angeklagten und ihr späteres Opfer auf eine Zelle
gekommen. Und der Zeuge behauptet nun: Immer wieder habe man aus seiner
Zelle auf den Krach da oben hingewiesen - vergeblich.
Und das sei auch der Grund, warum er nicht noch einmal den Alarm
gedrückt habe, als er in der Tatnacht plötzlich Schreie von oben gehört
habe: "Wir haben doch die ganze Woche den Beamten Bescheid gegeben, und
es ist nichts passiert. Das wäre doch wieder so gewesen."
Die drei Angeklagten Pascal I. (19), Ralf A. (21) und Danny K. (17)
aber hatten bisher erklärt, ihr Opfer habe so gut wie gar nicht
geschrien, nur zwei- oder dreimal gestöhnt während der gesamten
stundenlangen Folter bis zum endgültigen Erhängen (der
GA berichtete). Und das wiederholen sie auch jetzt wieder
nach der Aussage ihres damaligen Mithäftlings.
Nun wollen sowohl das Gericht als auch die Verteidiger als auch die
Anwälte der Angehörigen des Opfers unbedingt noch einen Zellengenossen
des Zeugen hören, der an diesem Prozesstag nicht erscheint.
Erschienen aber sind Mutter und Bruder des 21-jährigen Angeklagten
Ralf A., und beide sind zur Aussage bereit. Wie werden sie damit
fertig, was ihr Sohn und Bruder getan hat? Diese Frage steht im Raum,
und die Mutter beantwortet sie auf ihre Weise. Sie steht spürbar unter
Druck und unter dem Zwang zu erklären, dass sie alles, aber auch alles
für dieses Kind getan hat.
Seit zwei Jahren hat sie ihn nicht mehr gesehen, diesen Sohn, der
bereits im Alter von drei Jahren schwierig geworden sei. Damals habe
sie sich endgültig von dessen leiblichem Vater, einem gewalttätigen
Mann, der getrunken und sie und die Kinder geschlagen habe, getrennt.
Ralf sei immer aufsässiger geworden, habe im Kindergarten, später
in der Schule nur gestört. Er sei zu normalem Sozialverhalten nicht
fähig gewesen, habe gelogen, gestohlen, und schließlich habe sie Hilfe
beim Jugendamt gesucht und Ralf in die Kinder- und Jugendpsychiatrie
gebracht.
Er sei in immer neue Heime gekommen, habe überall Probleme gemacht
und sei so aggressiv gewesen, dass ihr neuer Mann ihn nicht mehr zu
Hause haben wollte. Die ganze Zeit sitzt ihr Sohn mit starrem
Gesichtsausdruck auf der Anklagebank und hält den Blick gesenkt. Auch
als seine Mutter mit tränenerstickter Stimme sagt: "Ich hatte Angst vor
meinem Sohn."
Zuvor habe sie vergeblich versucht, Ralfs leiblichen Vater zum
Kontakt mit seinem Sohn zu bewegen. Und plötzlich brechen die Dämme -
bei Mutter und Sohn. Der 21-Jährige kann nicht aufhören zu weinen, und
auch seine Mutter verliert völlig die Fassung. Das Gericht unterbricht,
die 42-Jährige macht einen Schritt auf den Sohn zu - und wendet sich
dann doch ab.
Auch der Bruder, so wird deutlich, hat sich von Ralf A. abgewandt.
Will man dem 23-Jährigen nun glauben, so hat der strenge Stiefvater,
unter dem sie beide litten, zu Recht zugeschlagen. Und Ralf war alles
selber schuld.
Dessen Verteidiger hält dem Bruder schließlich vor: "Sie kommen mir
vor wie zwei Menschen, die mal ganz eng beieinander waren, und nun
wollen Sie nicht mehr bei ihm sein." Da antwortet der 23-Jährige: "Der
hat einen Menschen umgebracht, was denken Sie denn?".
Siegburger Foltermordprozess: "Es ist mir ein Rätsel, wie es
dazu kommen konnte"
Jugendgerichtshelfer sagen aus - Staatsanwalt bringt
Sicherungsverwahrung ins Spiel
Von Rita Klein
Siegburg/Bonn.
Auch am sechsten Verhandlungstag ist die Fassungslosigkeit über das,
was die drei jungen Männer auf der Anklagebank getan haben, nicht
weniger geworden. Und Rechtsmediziner Dr. Reinhard Dettmeyer macht es
nun in seiner ganzen Tragweite deutlich: Im Detail schildert er die
Verletzungen, die er bei der Obduktion des gefolterten und erhängten
Hermann H. fand. Der Bruder des Opfers verlässt den Saal.
Dettmeyers Gutachten beantwortet genau, was die drei mit dem Opfer
machten. Die Frage nach dem Warum kann es nicht beantworten. Vielleicht
gibt es sie auch nicht, die Antwort auf die Frage, warum Danny K. (17),
Pascal I. (19) und Ralf A. (21) ihren Mithäftling Hermann H. (20) am
11. November in Zelle 104 in der Siegburger JVA so quälten, demütigten,
vergewaltigten und nach fünf Erhängungsversuchen endgültig
"weghängten", wie sie es nannten.
Es ist eine monströse Tat, und es wäre wohl am einfachsten, könnte
man die drei als Monster bezeichnen und einfach wegsperren. Aber so
einfach ist es nicht, wie immer klarer wird, je mehr vor dem Bonner
Jugendschwurgericht über die Täter ans Tageslicht kommt. Die Kammer
unter Vorsitz von Richter Volker Kunkel hat sich viel Mühe gegeben, so
viel wie möglich über die drei zu erfahren - von Zeugen, aus Akten und
Unterlagen.
Und langsam vervollständigt sich das Bild der Angeklagten - und
zeigt erschreckende Parallelen: Sie alle wuchsen mit Gewalt auf,
erlebten sie am eigenen Leib durch ihre Väter. Sie erlebten als Kinder,
wie auch ihre Mütter Opfer der gewalttätigen Väter wurden - und
vermissten diese Väter plötzlich, weil die Mütter sich von ihnen
getrennt hatten. Und genau zu diesem Zeitpunkt begann das, was die
Mütter dann bezeichneten als: "mit dem Jungen nicht mehr fertig
werden".
Schon als Strafunmündige verstießen die drei gegen das Gesetz,
Danny K., so heißt es, "war hinterhältig und brutal", über Pascal I.
steht in einem Bericht, er habe gelogen, gestohlen und gezündelt. Ralf
A. lief weg - immer wieder hin zu einem Onkel, der mit Drogen dealte.
Die Mütter waren hoffnungslos überfordert, hatten Angst vor ihren
Söhnen und wandten sich an die Jugendämter um Hilfe.
Sie brachten die Jungen in die Kinder- und Jugendpsychiatrie, weil
sie andere gefährdeten wie Pascal, der zündelte und als Elfjähriger ein
Mädchen mit einem Messer angriff. Sie machten Suizidversuchen, dann
stahlen und drohten, beraubten und schlugen sie Menschen und handelten
mit Drogen. Kein Klinikaufenthalt half, keine Erziehungshilfe, auch
nicht die teuren Aufenthalte mit 1:1-Betreuung in einem spanischen
Bergdorf, die mit Danny K. und Pascal I. veranstaltet wurden.
Am Ende landeten sie alle in der Siegburger JVA und zusammen in
einer Zelle mit Hermann H. - ein Opfer desaströser Familienverhältnisse
wie sie. Und dennoch ganz anders. Ein Opfertyp, heißt es nun. Was soll
mit diesen drei Angeklagten geschehen? Was rät die Jugendgerichtshilfe?
Der für Ralf A. zuständige Jugendhelfer macht es kurz und knapp: A. sei
emotional verroht und nicht mehr erziehbar. Er empfiehlt
Erwachsenenstrafrecht.
Sein Kollege aber empfiehlt für Pascal I., den 19-Jährigen, der dem
vorläufigen psychiatrischen Gutachter zufolge einem Erwachsenen gleich
stehen soll, Jugendrecht. Staatsanwalt Robin Fassbender hatte indes
kurz vorher darauf hingewiesen, dass für Pascal I., der Hermann H.
mehrfach vergewaltigt haben soll, im Anschluss an lebenslange Haft
Sicherungsverwahrung geprüft werden müsse.
Danny K., der 17-Jährige, wird nach Jugendrecht nicht mehr als zehn
Jahre bekommen. Sein Jugendgerichtshelfer sagt über ihn: "Niemand, der
Danny kannte, hätte mit so einer Tat gerechnet. Es ist mir ein völliges
Rätsel, wie es dazu kommen konnte." Zum Menschen Danny K. befragt, sagt
er: "Ohne das Opfer zu vergessen, sage ich spontan: Danny ist eine arme
Sau." Am Mittwoch hat der Psychiater das Wort.
Im Prozess
um den
Foltermord in der JVA
Siegburg hatte am Mittwoch (22.08.07) der psychiatrische Gutachter das
Wort. Er hält die beiden volljährigen Angeklagten für voll schuldfähig.
"Kreide wird das ja
nicht sein",
scherzte Gutachter
Wolfgang Schwachula, als er von einem der Verteidiger der Angeklagten
ein Hals-Bonbon entgegennahm. Rund eine Stunde lang hatte er bereits
über seinen Werdegang und über theoretische Grundlagen seines
Gutachtens gesprochen, aber die größte Anstregung für die Stimme des
Gutachters folgte erst noch. In einem knapp elfstündigen
Verhandlungs-marathon referierte er am Mittwoch (22.08.07) über die
Psyche der drei Angeklagten.
Kreide war in dem Bonbon des
Verteidigers offenbar tatsächlich nicht enthalten. Das Urteil des
Gutachters: Ralf A. (heute 21) und Pascal I. (heute 19) sind beide von
ihrem Entwicklungsstand her keine Jugendlichen mehr und waren am Tattag
voll schuldfähig.
Ralf A. - der Mitläufer
Ralf A. am ersten Verhandlungstag
Man könne Ralf A. wohl
als Mitläufer
bezeichnen,
begann der Gutachter sein Fazit. Seine Kindheit sei alles andere als
normal verlaufen. Zwischen seiner Mutter und ihm habe eine "tiefe
gegenseitige Ratlosigkeit" geherrscht, darüber wie man sich emotional
näher kommen könne. Daraus sei eine dissoziale Persönlichkeitsstörung
entstanden. Außerdem könne bei Ralf A. ein starkes Abhängigkeitssyndrom
durch Drogen- und Alkoholmissbrauch festgestellt werden.
Trotz
dieser "Störungen" habe er aber keine schuldmindernde Aspekte
feststellen können, so der Gutachter. Außerdem sei Ralf A. zwar nicht
auf dem Stand eine "durchschnittlichen Erwachsenen", aber deshalb
keinesfalls als Jugendlicher zu betrachten. Sollte das Gericht der
Ansicht des Gutachters folgen, würde Ralf A. also nach
Erwachsenen-Strafrecht verurteilt werden.
Pascal I. - das Straßenkind
Pascal I. am ersten Verhandlungstag
In der Beschreibung
des Pascal I.
verwendet der
Gutachter immer wieder den Begriff "Straßenkind". Als Idol habe der
Angeklagte den umstrittenen Rapper "Bushido" genannt. Er habe in selbst
geschriebenen Texten keinen Zweifel daran gelassen, dass sein Lebensweg
"selbstgewählt" sei. Auch für Pascal I. kommt Schwachula zu dem
Schluss, dass bei ihm eine dissoziale Persönlichkeitsstörung vorliegt.
Trotzdem sei der Angeklagte aber voll schuldfähig und ebenfalls nach
Erwachsenen-Strafrecht zu beurteilen.
Danny K. - der Aggressive
Bonner Landgericht
Der heute 17-jährige
Danny K. fällt
wegen seines
Alters unter das Jugendstrafrecht. In seinem Gutachten beschäftigte
sich Wolfgang Schwachula mit der Frage, ob K. unfähig war, das Unrecht
zu erkennen. Nur für "einige Sequenzen" der Tat komme eine "erhebliche
Minderung der Steuerungsfähigkeit" in Betracht. Die meiste Zeit über
habe K. seine Handlungen aber selbst kontrollieren können. Insgesamt
stellt der Psychiater bei Danny K. eine
"Borderline-Persönlichkeitsstörung" fest. Er sei schon früh
verhaltensauffällig gewesen, "mit einem hohen Ausmaß an Aggressivität".
Viererzelle begünstigte Tat
Schwachula ging in seinem Gutachten am
Rande auch auf die
Organisation in der JVA
Siegburg ein. Die Unterbringung der drei Angeklagten und des späteren
Opfers in einer Viererzelle sei ein "interessantes pädagogisches
Modell", sagt er in ironischem Ton. Eine Gruppensituation sei immer mit
"emotionaler Komplexität" verbunden. Die Unterbringung in der
Viererzelle habe die "Destruktivität der Geschehnisse" erheblich
beeinflusst.
Niederlage für Verteidigung
Die Verteidiger der beiden volljährigen
Angeklagten hatten
sich für
diesen Prozesstag gut gerüstet. Nicht zuletzt das grün-leuchtende Buch
"Psychiatrische Begutachtung" auf dem Tisch der Verteidiger des Pascal
I. ließ darauf schließen. Dennoch: Der erneute Befangenheitsantrag
gegen den Gutachter wurde vom Gericht genauso abgewiesen, wie die
Anträge, einen zweiten Gutachter hinzuzuziehen.
Der Prozess wird am Dienstag (28.08.07)
mit den Plädoyers
fortgesetzt.
Im Prozess
um den
Foltermord in der JVA
Siegburg soll auf Antrag der Verteidigung eine weitere Zeugin vernommen
werden. Weil die zur Zeit in Urlaub ist, kann der Prozess erst am
21. September 2007 fortgesetzt werden.
"Noch weitere Anträge?" Volker
Kunkel, der Vorsitzende Richter im
Prozess um den Foltermord in der JVA
Siegburg, ahnt vermutlich, dass die Verteidigung noch etwas zu sagen
hat. Immerhin richtet er seinen Blick zuerst auf die beiden Verteidiger
des Pascal I., die zuletzt vergeblich versucht hatten, das
psychiatrische Gutachten über ihren Mandaten anzugreifen. Die
Verteidiger stellen insgesamt drei Anträge. Zwei zielen darauf ab, die
Kompetenz des Gutachters zu hinterfragen und einer soll Pascal I. in
ein besseres Licht rücken.
Nachdem ihr Antrag, ein zweites
Gutachten einzuholen, bereits vom Gericht abgelehnt worden war, wollen
sie nun einen Gutachter als Zeugen laden. Diesen benennen die
Verteidiger gleich namentlich und erklären, er würde dem
wissenschaftlichen Vorgehen des gerichtlich bestellten Gutachters
widersprechen. Um diesem seine Kompetenz abzusprechen, wollen sie
zusätzlich drei Richter des Bonner Landgerichts als Zeugen laden und
sie zu früheren Expertisen des Gutachters befragen. Außerdem soll die
Anstaltspsychologin der JVA Iserlohn geladen werden. Ihre Aussage könne
für die Frage entscheidend sein, ob Pascal I. nach Jugend- oder
Erwachsenenstrafrecht verurteilt werde, so die beiden Verteidiger.
Prozess wird in drei Wochen fortgesetzt
Ulrich Rimmel, der
Anwalt der Mutter
des Opfers,
sieht hinter den erneuten Anträgen der Verteidigung eine "mögliche
Verschleppungsabsicht". Der Prozess solle nur künstlich in die Länge
gezogen werden, warf er der Gegenseite vor. Ursprünglich war für
Dienstag (28.08.07) bereits die Verkündung der Urteile geplant. Wegen
der umfangreichen Zeugenbefragungen und der vielen Anträge der
Verteidigung war der Zeitplan aber durcheinander geraten.
Das
Gericht benötigte anderthalb Stunden, um über die Anträge der
Verteidiger zu beraten. Schließlich kam die Kammer zu der Entscheidung,
dass die Anstaltspsychologin gehört werden soll. Da diese allerdings
zur Zeit in Urlaub ist, kann die Vernehmung erst am
21. September
erfolgen. Über die weiteren Anträge der Verteidiger will das Gericht
bis dahin entschieden haben.
Pascal
I. soll einen Rap
geschrieben haben
Bereits am Dienstagvormittag
(28.08.07) hatten die
Verteidiger des Pascal I. dem Richter ein neues Beweisstück vorgelegt.
"Egal, wie ich mich zeig, die Mutter tut mir Leid" - diese Zeilen
sollen aus der Feder des 19-jährigen Angeklagten Pascal I. stammen. Der
wackelige Reim sei Teil eines Rap-Textes, den I. am Abend des ersten
Prozesstages zu Papier gebracht habe, sagen dessen Verteidiger. In
diesem Text werde klar, dass ihr Mandant Reue zeige.Ein anderes Bild
des heute 19-Jährigen zeichnete zuvor ein
Angestellter der JVA Wuppertal. Dieser berichtete über ein Gespräch des
Pascal I., das dieser am 12. August 2007 - also während der
Prozess vor
dem Bonner Landgericht bereits lief - mit einem Mitgefangenen geführt
haben soll. Darin habe er sich mit der Tat gebrüstet und über das Opfer
herablassend geäußert. Der Angeklagte erklärte, die Äußerungen seien
aus dem Zusammenhang gerissen. Er räumte allerdings ein, er habe den
ebenfalls Angeklagten Danny K. gegenüber anderen als "Wichser"
bezeichnet, das sei "aber nicht als Schimpfwort gemeint" gewesen.
Wann
das Urteil gesprochen wird, ist nun wieder offen. Das Gericht muss erst
zusätzliche Verhandlungstermine vereinbaren, zu denen alle
Prozessbeteiligte Zeit haben.
Richter weisen zwei Anträge der Verteidiger von
Pascal I. ab
Siegburg/Bonn.
(jeo) Im Prozess um den Mord an dem 20 Jahre alten Hermann H. im
Siegburger Gefängnis wird es kein weiteres psychiatrisches Gutachten
geben. Am neunten Verhandlungstag am Freitag wiesen die Richter der
Jugendschwurgerichtskammer einen entsprechenden Antrag der Verteidiger
des 19 Jahre alten Angeklagten Pascal I. zurück.
Ein zweiter Beweisantrag zur angeblichen Ungeeignetheit des vom Gericht
beauftragten Sachverständigen wurde ebenfalls abgewiesen.
Der Psychiater hatte sich dafür ausgesprochen, die 19 und 21 Jahre
alten geständigen Angeklagten nach Erwachsenenstrafrecht zu
verurteilen. Damit droht ihnen eine lebenslängliche Haftstrafe. Der 17
Jahre alte Danny K. muss nach Jugendrecht verurteilt werden.
Schwierig gestaltet sich für das Gericht die weitere Terminierung des
Prozesses, für den ursprünglich nur acht Verhandlungstage vorgesehen
waren. Nach einer fast dreiwöchigen Pause geht es erst am Donnerstag,
20. September, weiter. Die Kammer plant derzeit, den Prozess dann am
24. September und 4. Oktober fortzuführen.
Bonn -Martin H. hat an jedem Verhandlungstag zwischen zwei
Anwälten gesessen, unauffällig, still. Er ist ein junger Mann, der
nicht viele Worte macht. Aber er hat einen Brief geschrieben, den
Rechtsanwalt Wolfram Jesse in seinem Plädoyer als Vertreter der
Nebenklage verliest: „Wir wurden mit der grausamen Tat mitten aus dem
Leben gerissen“, schrieb der ältere Bruder von Hermann H., der nach
jedem Prozesstag mit seiner Frau ans Grab des Ermordeten gefahren ist:
„Jeden Tag, jede Stunde denken wir an Hermann, der lebenslustig und
unheimlich lieb war. Wir haben auf unsere Fragen keine Antwort gefunden
. . . Eine gerechte Strafe gibt es nicht, weil niemand uns Hermann
wiedergeben kann.“ Im Saal des Landgerichts Bonn, in dem seit Anfang
August der Häftlingsmord von Siegburg verhandelt wird, ist lautes
Schluchzen zu hören.
Die Nebenklage hat nach dem Plädoyer
von
Staatsanwalt Robin Faßbender das Wort, der sich auf die Frage der
Schuld des 19 Jahre alten Pascal I., des 21 Jahre alten Ralf A. und des
gerade 18 Jahre alt gewordenen Danny K. konzentrierte. Faßbender
fordert zehn Jahre Jugendstrafe für den jüngsten der Angeklagten,
lebenslange Haft und die Feststellung der Schwere der Schuld für Pascal
I. Ralf A. soll mit 15 Jahren Haft davonkommen, weil es bei ihm noch
eine schwache Hoffnung auf eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft
gebe.
Der Ankläger verzichtet darauf, noch
einmal das Martyrium
des 20 Jahre alten Hermann H. am 11. November 2006 in allen Details zu
beschreiben. Das Verbrechen, das bundesweit eine heftige Debatte über
die Zustände in deutschen Gefängnissen ausgelöst hatte, ist allen
Prozessbeteiligten ohnehin gegenwärtig. Das Trio soll aus Mordlust,
niederen Beweggründen und zur Verdeckung anderer Straftaten den
Zellengenossen Hermann H. grausam getötet haben.
Danny K. war maßgebklicher
Ideengeber
Faßbender
charakterisiert Danny K. als maßgeblichen Ideengeber für die
stundenlangen Quälereien. Da für ihn ohnehin nur die Verhängung einer
Jugendstrafe in Frage kommt, bei der der Erziehungsgedanke im
Vordergrund steht, betont der Staatsanwalt: „Der Erziehungsbedarf ist
gigantisch.“ Faßbender hält es für fraglich, ob angesichts der schon
zuvor verübten Gewaltdelikte eine Änderung der Persönlichkeit noch
möglich sei. Aber nur durch Dannys frühes umfassendes Geständnis, „ohne
Schwächung der eigenen Tatbeteiligung“, sei das gesamte Tatgeschehen
aufgeklärt worden.
Für den zur Tatzeit 20 Jahre alten Ralf
A.
will der Staatsanwalt das Erwachsenenstrafrecht angewandt sehen. Das
asoziale Verhalten sei nicht durch seine Jugend bedingt. Er habe sich
nie an Regeln gehalten, fast alle erzieherischen Maßnahmen seien ohne
Erfolg gewesen, er habe ein verfestigtes negatives Weltbild und
unbehebbare Entwicklungsrückstände. Dass er trotz schlechter
Zukunftschancen mit einer Zeitstrafe davonkommen soll, begründet
Faßbender damit, dass Ralf A. nicht wegen Gewaltdelikten vorbestraft
und „im wahrsten Sinne des Wortes ein Mittäter“ sei. Bei den sexuellen
Übergriffen habe er sich zurückgezogen. Sein Pech: Er war mit zwei
Gewalttätern in eine Zelle gesteckt worden.
Eiskaltes Taktieren
Den
19 Jahre alten Pascal I. hingegen charakterisiert Faßbender als
ausgereifte hochkriminelle Persönlichkeit. Pascal habe noch versucht,
aus dem Verbrechen Kapital zu schlagen. Der Ankläger bescheinigt ihm
ein fest gefügtes destruktives kriminelles Verhalten, eiskaltes
Taktieren. Er habe nur gestanden, was durch die Ermittlungen
nachweisbar gewesen sei. Er habe wiederholt versucht, die Verantwortung
auf die Mittäter zu schieben, versucht, mit der Staatsanwaltschaft zu
handeln. Noch im Prozess habe er versucht, sich mit Lügen
herauszureden. Faßbender: „Das Geständnis war nicht von Reue, sondern
von Kalkül getragen.“
Im
Prozess um den Foltermord in der JVA Siegburg
haben die Anwälte der drei Angeklagten durchweg niedrigere Strafen für
ihre Mandanten gefordert als die Staatsanwaltschaft. Das Urteil soll in
der kommenden Woche gesprochen werden.
Bonn - Die Anwendung des
Jugendstrafrechts soll den 20-jährigen
Hauptangeklagten im Prozess um den Foltermord in der Haftanstalt
Siegburg nach dem Willen der Verteidigung vor lebenslanger Haft
bewahren.
Verteidiger Thomas Ohm forderte heute
in seinem Plädoyer vor
dem
Landgericht Bonn für Pascal I. die nach dem Jugendstrafrecht dann
mögliche Höchststrafe von zehn Jahren Haft. Wegen gemeinschaftlichen
Mordes an dem 20-jährigen Mithäftling Hermann H. hatte die
Staatsanwaltschaft eine lebenslange Haftstrafe und die Feststellung der
besonderen Schwere
der Schuld verlangt (mehr...).
Der angeklagte Ralf A., 21, soll nach
Vorstellung seines
Verteidigers für zwölf Jahre ins Gefängnis, drei Jahre weniger als die
Forderung der Anklage vorsieht. Für den jüngsten Angeklagten, den zur
Tatzeit 17-jährigen Danny K., bat sein Verteidiger Peter-René Gülpen
das Gericht, von der nach dem Jugendstrafrecht möglichen Höchststrafe
von zehn Jahren abzusehen.
Pascal I., Ralf A. und Danny K. wird
vorgeworfen, im November
2006
in der Haftanstalt Siegburg ihren Zellengenossen stundenlang schwer
misshandelt, vergewaltigt und schließlich zum Selbstmord gezwungen zu
haben. Sie hatten das Verbrechen
zum Prozessauftakt gestanden (mehr...).
Ein Gutachter hatte bei Pascal I. und Ralf A. die Anwendung des
Erwachsenenstrafrechts als angemessen gesehen.
In ihren Plädoyers zweifelten die
Verteidiger von Pascal I.
das
psychiatrische Gutachten des Sachverständigen erneut an. "Es ist nicht
richtig, Pascal als entwicklungsunfähigen Menschen darzustellen, der
sich wie ein sozialer Outlaw am Rande der Gesellschaft schon fest
eingerichtet hat", erklärte Verteidiger Thomas Ohm.
Auch wenn das Opfer auf abscheuliche
Weise zu Tode gekommen
sei,
bestehe für Pascal I. noch Hoffnung auf Besserung. Für den Fall, dass
die Jugendstrafkammer dennoch nach Erwachsenenrecht urteilen sollte,
plädierte die Verteidigung auf eine Haftstrafe von 13 Jahren.
Weder das junge Alter seines Mandanten
noch die Gruppendynamik
oder
das umfassende Geständnis seien berücksichtigt worden,
kritisierte
Verteidiger Andreas Trude. [!!!Der SPIEGEL irrt: Der Anwalt heißt
Andreas Trode mit "o" statt mit "u" - Anmerkung von Klausens =
Klau|s|ens, 25.9.2007!!!] Auch die Tatsache, dass in der JVA Siegburg
niemand etwas von dem Martyrium des Opfers bemerkt hatte, müsse in
Betracht gezogen werden.
Der Verteidiger von Ralf A., Uwe
Krechel, räumte ein, sein
Mandant
habe aus Grausamkeit gemordet und um die vorhergehenden Misshandlungen
zu vertuschen. "Es ist aber keinesfalls Mordlust, die ihn dazu bewegt
hat." A. habe sich vielmehr mitreißen lassen "und dem Bösen
nachgegeben".
Kein konkretes Strafmaß nannte der
Verteidiger von Danny K.:
Er
plädierte dafür, vor allem wegen der "schwierigen Familienverhältnisse"
von der "ultimativen Höchststrafe von zehn Jahren" abzurücken. Der zur
Tatzeit 17-Jährige sei mit einem alkoholkranken und prügelnden Vater
aufgewachsen, habe Aufenthalte in Heimen und einen Selbstmordversuch
hinter sich. "Aggression und Gewalt hat er als Abwehrmechanismus
gelernt", betonte Verteidiger Peter-René Gülpen.
Die Angeklagten selbst erklärten am
letzten Verhandlungstag,
ihr
Handeln zu bereuen. Alle drei betonten, von nun an das Beste aus ihrem
Leben machen zu wollen. Sie wollten die Zeit in der JVA nutzen, um ihre
Schulabschlüsse und eine Ausbildung nachzuholen. "Ich würde alles tun,
um das Geschehene rückgängig zu machen", erklärte Pascal I. Das Urteil
wird für den 4. Oktober erwartet.
Die
Urteile in dem Prozess um den Foltermord von Siegburg stehen fest:
Einmal 15 Jahre Haft, einmal 14, einmal zehn. Es war eine grausame Tat
- planvoller, befand der Richter, hätte man nicht töten können. Dennoch
wollte er den drei Verurteilten eine Chance gegeben.
Am Ende sieht Pascal I., 20, erleichtert aus. Es scheint ganz kurz ein
Lächeln durch sein Gesicht zu huschen, nachdem der Vorsitzende Richter
der 8. großen Strafkammer am Bonner Landgericht erklärt hat, warum der
schmächtige junge Mann im weißen G-Star-T-Shirt 15 Jahre hinter Gittern
wird verbringen müssen: 15 Jahre, aber eben nicht lebenslänglich mit
Feststellung der besonderen Schwere der Schuld, wie es die
Staatsanwaltschaft gefordert hatte - und was eine vorzeitige
Freilassung verhindert hätte. Sicher ist I. nicht erleichtert darüber,
ein verurteilter Mörder zu sein. Doch sein Anwalt Andreas Trode
bestätigte hinterher im Foyer vor Sitzungssaal 0.11, dass das Urteil
für seinen Mandanten zufriedenstellend ausfalle. "So hat er die
Aussicht, mit 35 wieder entlassen zu werden und ein Leben in Freiheit
zu führen", sagte Trode. Hermann Heibach, das Opfer des "Foltermords"
im Siegburger Gefängnis, wird dann bereits seit anderthalb Jahrzehnten
tot sein.
Etwa
elf Monate nach der brutalen Misshandlung und Ermordung eines
Mithäftlings in ihrer Vierer-Zelle in Siegburg sind die drei
Angeklagten vor dem Bonner Landgericht verurteilt worden. Pascal I. zu
15 Jahren Haft, der 21-jährige Ralf A. zu 14 Jahren, und Danny K., 17,
zur maximalen Strafe für Mord nach Jugendstrafrecht - zehn Jahre. Der
hagere Staatsanwalt Robin Faßbender rieb sich kurz nach der Verkündung
des Urteils über die hohe Stirn. Zwar waren Pascal I. und Ralf A. nach
Erwachsenenstrafrecht verurteilt worden. Und doch war die Kammer nicht
der Argumentation der Ankläger gefolgt, wonach für A. 15 Jahre fällig
und für I. eine lebenslange Haftstrafe mit Feststellung der besonderen
Schwere der Schuld anzuwenden sei. Faßbender gab sich zwar besonnen,
sprach nicht von milden Urteilen und warnte vor "blindem Aktionismus",
doch hielt er sich nach der Urteilsverkündung die Option offen, in die
Revision zu gehen, was das Urteil gegen Pascal I. anbelangt.
Richter Volker Kunkel verwehrte sich
von Beginn an dagegen, auf die
öffentliche Diskussion um den Mord in der Siegburger Zelle weiter
einzugehen. Er deutete zu Beginn nur an, dass die Instrumentalisierung
von Medien sowie das Verhalten von Journalisten gegenüber den
Prozessbeteiligten, ihren Angehörigen und auch dem Gericht durchaus
diskutabel ausgefallen seien. Stattdessen breitete Kunkel noch einmal
die von Kriminalität, individuellen und sozialen Problemen durchsetzten
Biographien der drei Angeklagten detailliert aus. Da alle drei
Angeklagten bereits zu Beginn des Prozesses am 1. August ihre Taten vom
11. November gestanden hatten, stellte sich die Frage nach dem
Tatverlauf und den Schuldigen gar nicht mehr.
Ralf A., ein dünner Junge, im weißen T-Shirt,
mit hinter die Ohren geschobenen blonden Haaren, lauschte fast
regungslos, während Kunkel auf die Trennung seiner Eltern, den Alkohol-
und Drogenkonsum, Psychiatrie-Aufenthalte, Randale, Diebstähle und A.s
Leben in einer Drücker-Kolonne einging. Bei Pascal I., zur Tatzeit 19
Jahre und zwei Monate alt, hatte das Kriminelle gar "gewerbsmäßige"
Züge angenommen, wie Kunkel darstellte: Der junge Mann mit dem
stoppeligem Haupthaar und kahlen Kopfseiten hatte schon mit 14
begonnen, Drogen zu verkaufen und erlangte später monatliche Umsätze
von bis zu 5.000 Euro. Er ließ einen 24-jährigen Drogensüchtigen seine
Ware an den Mann bringen und kassierte nebenher Hartz-IV-Zahlungen. Und
da ist Danny K., der sich dazwischen warf, als sein Vater seine Mutter
verprügelte, der aber nach der Trennung der Eltern seinen Vater
idealisierte, gewalttätig wurde und bei einem Überfall auf einen
Rentner gemeinsam mit einem Kumpel so lange auf das Opfer eindrosch,
bis es fast gestorben wäre. "Es ist nur dem Zufall zu verdanken, dass
der Angeklagte damals nicht schon einen Menschen getötet hat", fasste
Richter Kunkel zusammen. Die Tatsache, dass Ralf A. und Pascal I.
bereits Väter sind, wirft die Frage auf, was aus ihren Kindern wird und
welche Chancen junge Menschen haben, der Hoffnungslosigkeit und
Brutalität in den vernachlässigten Teilen dieser Gesellschaft zu
entkommen.
Keine Reaktion der Angeklagten
Ohne Reaktion nahmen die drei Angeklagten noch einmal die detaillierte
Aufarbeitung ihrer Taten hin: Sie hatten ihr Opfer an jenem Samstag im
November mit Händen, Fäusten und in Handtüchern eingewickelter Seife
geschlagen, hatten Hermann Heibach gezwungen, Wasser mit scharfem
Pulver zu trinken und eine Tube Zahnpasta zu schlucken sowie danach das
eigene Erbrochene. Sie hatten ihn mehrmals vergewaltigt. Sie hatten
verhindert, dass er sein Martyrium meldet und einen gelungenen Notruf
beim Personal abgewiegelt. Und sie hatten ihr Opfer nach einem
Nachmittag der Brutalität, der Sportschau und einem Abend des Grauens
"weggehängt", weil sie ihre Taten verschleiern und einen Selbstmord
vortäuschen wollten, von dem sie letztlich profitiert hätten. Ziel war
es, belastende Aussagen des Opfers zu verhindern und eine
"Blitzentlassung" anzustreben. Gern hätten die drei Täter sich als
Opfer eines scheinbaren Selbstmords dargestellt und spekulierten auf
eine mögliche Haftverkürzung.
Doch
sie scheiterten mit ihrem Plan, und sie sind nun verurteilte Mörder.
"Alle Angeklagten haben grausam gehandelt", urteilte der Richter, in
der Zelle habe ein Klima der Todesangst geherrscht, auch die
Mordmerkmale "Verdeckung einer anderen Straftat" und "sonstige niedrige
Beweggründe" wurden von der Kammer gewürdigt. Man könne kaum planvoller
töten, sagte der Vorsitzende Richter mit Verweis auf eine
"Für-und-Wider-Liste", welche die Drei vor der Tötung erstellt hatten.
Dennoch blieb das
Gericht unter der
Forderung der Staatsanwaltschaft.
Zwar reichten beim Jüngsten im Trio, Danny K., selbst strafmildernde
Umstände nicht für eine Herabsetzung der Strafe. Aber bei Ralf A. habe
die Tatsache, dass er sich nicht an der Analvergewaltigung des Opfers
beteiligt hatte, für sein Bewusstsein von Grenzen gesprochen. Und
selbst Pascal I., der ebenfalls eine ausgereifte Persönlichkeit
besitze, sei noch "prägbar und sozialpräventiv ansprechbar", sagte
Richter Kunkel. Also muss man ihm auch die Chance lassen, diesem
"Hoffnungsschimmer" nachzugehen, auch wenn er "eiskalt und selbst nach
der Tat noch taktierend" vorgegangen sei.
Das Gericht hält also fest am
Leitgedanken der Resozialisierung, auch
wenn draußen vor der Tür schon die Kamerateams auf die zornigen
Statements über die "milden Strafen" warten, wie zum Beispiel der
Bruder des Opfers auch eines abgibt. Er war als Nebenkläger
aufgetreten, und sein Anwalt sagt, es sei "kaum nachvollziehbar",
welches Strafmaß man am Ende gefunden habe. Er wolle vor weiteren
Schritten die Reaktion der Staatsanwaltschaft abwarten. Und während man
bei den Hinterbliebenen noch klares Unverständnis kundtut, geben sich
auf der anderen Seite die Strafverteidiger zufrieden. Wie der Anwalt
von Pascal I., der keinen Zweifel lässt: "Natürlich sind sie
resozialisierbar."
Artikel vom 04. Oktober
2007
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Westdeutsche Zeitung: Siegburger
Foltermord =
von Peter Kurz
Düsseldorf (ots) - Abscheulicher und
grausamer lässt sich ein Mord
wohl kaum begehen. Dennoch verhängte das Bonner Landgericht in dem
Siegburger Fall nur einmal - beim jüngsten Täter - das Höchstmaß von
zehn Jahren Jugendstrafe. Dabei hätte bei den anderen beiden
Verurteilten ein "lebenslang" doch nahegelegen.
Nach dem Jugendgerichtsgesetz dürfen die Richter trotz festgestellten
Mordes das eigentlich fällige "lebenslang" zwar unterschreiten. Doch
in einem Fall wie diesem, in dem das Opfer ein elfstündiges Martyrium
durchlitt, bevor es schließlich umgebracht wurde, erscheint das kaum
gerechtfertigt. Verständlich wird dies allenfalls unter einem Aspekt,
der in dem Satz des Vorsitzenden Richters anklingt: "Die Taten wurden
durch die Zellensituation begünstigt." Dahinter steht der Vorwurf,
dass die Täter nicht allein verantwortlich waren. Dass die
Gesellschaft ihnen einen Teil ihrer Schuld abnehmen muss: Vier junge
Leute auf engstem Raum in einer Zelle zusammenzupferchen darin kommt
auch eine Mitverantwortung des Strafvollzugs zum Ausdruck.
Der Staat hat gegenüber denjenigen, die er in seine Gewalt nimmt, die
Pflicht, diese vor Übergriffen zu schützen. Das Opfer von Siegburg
hingegen, ein zu sechs Monaten Haft verurteilter Kleinkrimineller,
wurde schmählich allein gelassen. Erst nach dem Fall Siegburg wurden
im NRW-Jugendstrafvollzug Dreier-und Viererbelegungen der Zellen
verboten. Demnächst gibt es das Recht auf Einzelunterbringung. Erste
Lehren sind also aus dem Fall gezogen. Doch es muss mehr geschehen.
Mehr Hafträume und Wachpersonal, Schul- und Ausbildungsangebote für
jugendliche Straftäter. All das kostet Geld. Wenn wir aber diesen
Preis nicht bezahlen, so wird uns das langfristig noch teurer zu
stehen kommen. Auch der nun abwinkende Steuerzahler, dem die Zustände
im Knast egal sind, weil er glaubt, mit dieser Welt werde er ja nie
in Berührung kommen, sollte sich klar machen: Mangelnde
Resozialisierungsbemühungen wirken sich nicht nur auf das
Zusammenleben der Häftlinge aus. Nicht resozialisierte, zusätzlich
verrohte Straftäter können jedem von uns nach der Haftentlassung über
den Weg laufen. Und dann kann deren zweifelhafte Karriere auch zu
unserem ganz persönlichen Schicksal werden.
Die
Bonner Staatsanwaltschaft hat Revision gegen
eins der Urteile im Siegburger Foltermordprozess eingelegt. Die Strafe
gegen Pascal I. sei zu milde, hieß es zur Begründung. Das Gericht hatte
ihn zu 15 Jahren Haft verurteilt, während die Anklage eine höhere
Strafe beantragt hatte.
Bonn - Der 20 Jahre
alte
Angeklagte Pascal I. war gestern wegen der
stundenlangen Folter und der anschließenden Tötung eines 20-jährigen
Mitgefangenen zu einer Haftstrafe von 15 Jahren verurteilt worden. Die
Staatsanwaltschaft hatte eine lebenslange Freiheitsstrafe und die
Feststellung der besonderen Schwere der Schuld beantragt.
Zwar erkannte die
Jugendkammer wie beantragt auf Mord, wofür im
allgemeinen Strafrecht eine lebenslange Freiheitsstrafe vorgesehen ist.
Allerdings nutzt die Kammer eine Sonderregelung, die bei
heranwachsenden Straftätern auch eine befristete Freiheitsstrafe
möglich macht. Die Angehörigen des Opfers hatten sich empört
über den Spruch der Richter gezeigt. (mehr...)
Die drei Angeklagten
hatten
in der Hauptverhandlung eingeräumt, am
11. November 2006 einen 20-jährigen Zellengenossen in der
Justizvollzugsanstalt Siegburg über Stunden gequält, vergewaltigt und
schließlich zum Selbstmord gezwungen zu haben.
Bonn - Eine Woche nach den
Schuldsprüchen im Foltermord-Prozess
von Siegburg haben alle drei Angeklagten Revision gegen das
Urteil eingelegt. Das bestätigte ein Sprecher des Landgerichts
Bonn
am Mittwoch. Die beiden 20 und 21 Jahre alten Täter waren wegen
Mordes zu 15 und 14 Jahren Haft verurteilt worden. Gegen den
18-jährigen Angeklagten verhängte das Gericht mit zehn Jahren
Jugendstrafe die Höchststrafe. Bereits einen Tag nach der
Urteilsverkündung hatte die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt.
Sie hatte für den 20-Jährigen lebenslange Haft und die
Feststellung
der besonderen Schwere der Schuld gefordert.
Das Trio hatte im
November 2006 im Jugendgefängnis Siegburg einen
20 Jahre alten Mithäftling in der gemeinsamen Zelle stundenlang
gefoltert, vergewaltigt und ihn gezwungen, sich zu erhängen.
(dpa)
10.10.2007
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RESULTAT DER REVISION:
Am 13.8.2008 hat der BGH das Urteil
des Bonner Landgerichtes aufgehoben. Das Strafmaß für Pascal I. muss
neu bewertet werden. Siehe dazu den Wortlaut des BGH:
Der
erneute Prozess gegen Pascal I. fand ab dem 24.4.2009 statt.
Und zwar am 24.4.2009, am 27.4.2009, am 28.4.2009, am 5.5.2009
und am 8.5.2009. Das Urteil blieb bei 15 Jahren Haft für Pascal I.,
allerdings: MIT ANSCHLIESSENDER PRÜFUNG AUF SICHERHEITSVERWAHRUNG. Das
bedeutet, dass er evtl. nie mehr freikommt, weil er als zu gefährlich
für die Menschheit eingeschätzt wird.
Die anderen
beiden Urteile gegen
Danny und Ralf bleiben/blieben bestehen. Gegen sie wird/wurde nicht neu
verhandelt.
Mitteilung der Pressestelle
Nr. 154/2008
Erste Entscheidung des Bundesgerichtshofs über vorbehaltene
Sicherungsverwahrung bei Heranwachsenden
Das Landgericht Bonn hat den Angeklagten I. wegen
Mordes, gefährlicher Körperverletzung in 5 Fällen, Vergewaltigung in 2
Fällen sowie besonders schwerer Vergewaltigung in Tateinheit mit
gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 15
Jahren verurteilt. Zwei Mitangeklagte verurteilte es zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von 14 Jahren bzw. einer Einheitsjugendstrafe von
10 Jahren.
Nach den Feststellungen des Landgerichts waren die
drei Angeklagten gemeinsam mit dem späteren Tatopfer in einer Zelle der
JVA Siegburg inhaftiert. Am 11. November 2006 beschlossen die
Angeklagten, einer Idee des Angeklagten I. folgend, den Geschädigten zu
misshandeln. Dieser war den Angeklagten unterlegen und leistete ihnen
aus Angst keinen Widerstand. Während des gesamten Tages quälten und
erniedrigten die Angeklagten ihr Tatopfer und brachten ihm erhebliche
Verletzungen bei. Im weiteren Verlauf beschlossen die Angeklagten
schließlich, ihren Mitgefangenen zu töten. Sie erhängten ihn in der Tür
zum Toilettenraum. Am darauf folgenden Morgen meldeten sie den Tod des
Opfers und gaben vor, dieser habe sich das Leben genommen.
Das Landgericht hat auf den Angeklagten I. als
Heranwachsenden Erwachsenenstrafrecht angewendet, aber von der Anordnung
einer lebenslangen Freiheitsstrafe nach § 106 Abs. 1 JGG abgesehen. Ob
darüber hinaus ein Vorbehalt der Sicherungsverwahrung nach § 106 Abs. 3
JGG anzuordnen war, hat die Jugendkammer nicht ausdrücklich geprüft.
Auf die zu Ungunsten des Angeklagten I. eingelegte
Revision der Staatsanwaltschaft hat der Senat das Urteil im
Rechtsfolgenausspruch aufgehoben, soweit das Landgericht eine
lebenslange Freiheitsstrafe nicht verhängt und den Vorbehalt der
Sicherungsverwahrung nicht angeordnet hat, und die Sache an eine andere
Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Nach Ansicht des Senats
sind die vom Landgericht für das Absehen von der Verhängung einer
lebenslangen Freiheitsstrafe herangezogenen Gründe nicht hinreichend
tragfähig. Es handele sich um bloße Hoffnungen auf eine Resozialisierung
des Angeklagten, die durch Tatsachen nicht belegt seien. So sei z.B.
die vom Landgericht festgestellte Anmeldung zu einem
Anti-Aggressions-Training bereits vor der Tat erfolgt, so dass dieser
Umstand nicht geeignet ist, auf ein nunmehr vorhandenes
Problembewusstsein des Angeklagten zu schließen.
Darüber hinaus hat es das Landgericht auch zu Unrecht
unterlassen, einen Vorbehalt der Sicherungsverwahrung zu prüfen. Die
Voraussetzungen des § 106 Abs. 3 Satz 2 und 3 JGG liegen hier vor. Der
Angeklagte ist wegen Mordes zu einer Freiheitsstrafe von 13 Jahren und
wegen besonders schwerer Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von 6
Jahren verurteilt. Vorverurteilungen sind nicht erforderlich. Auch § 106
Abs. 3 S. 2 Nr. 2 JGG begründet ein solches Erfordernis nicht. Die
Regelung stellt nur für den Fall, dass es nach den allgemeinen
Vorschriften auf solche Vorverurteilungen ankommt, besondere
Anforderungen an diese. Daher ist die vorbehaltene Sicherungsverwahrung
auch bei erstmals verurteilten heranwachsenden Mehrfachtätern anwendbar.
Urteil vom 13. August 2008 - 2 StR 240/08
Landgericht Bonn – Urteil vom 4. Oktober 2007 – Az. 8 KLs 16/07
Karlsruhe, 13. August 2008
§ 106 Jugendgerichtsgesetz - Milderung des allgemeinen Strafrechts für Heranwachsende; Sicherungsverwahrung
(1) Ist wegen der Straftat eines Heranwachsenden das
allgemeine Strafrecht anzuwenden, so kann das Gericht an Stelle von
lebenslanger Freiheitsstrafe auf eine Freiheitsstrafe von zehn bis zu
fünfzehn Jahren erkennen.
(2) Das Gericht kann anordnen, dass der Verlust der
Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden und Rechte aus öffentlichen
Wahlen zu erlangen (§ 45 Abs. 1 des Strafgesetzbuches), nicht eintritt.
(3) 1Sicherungsverwahrung darf neben der Strafe
nicht angeordnet werden. 2Unter den übrigen Voraussetzungen des § 66 des
Strafgesetzbuches kann das Gericht die Anordnung der
Sicherungsverwahrung vorbehalten, wenn
1. der Heranwachsende wegen einer Straftat der in
§ 66 Abs. 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches bezeichneten Art, durch welche
das Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt oder einer solchen
Gefahr ausgesetzt worden ist, zu einer Freiheitsstrafe von mindestens
fünf Jahren verurteilt wird,
2. es sich auch bei den nach den allgemeinen
Vorschriften maßgeblichen früheren Taten um solche der in Nummer 1
bezeichneten Art handelt und
3. die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten
ergibt, dass er infolge eines Hanges zu solchen Straftaten für die
Allgemeinheit gefährlich ist.
3§ 66a Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend.
(4) 1Wird neben der Strafe die Anordnung der
Sicherungsverwahrung vorbehalten und hat der Verurteilte das
siebenundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet, so ordnet das
Gericht an, dass bereits die Strafe in einer sozialtherapeutischen
Anstalt zu vollziehen ist, es sei denn, dass die Resozialisierung des
Täters dadurch nicht besser gefördert werden kann. 2Diese Anordnung kann
auch nachträglich erfolgen. 3Solange der Vollzug in einer
sozialtherapeutischen Anstalt noch nicht angeordnet oder der Gefangene
noch nicht in eine sozialtherapeutische Anstalt verlegt worden ist, ist
darüber jeweils nach sechs Monaten neu zu entscheiden. 4Für die
nachträgliche Anordnung nach Satz 2 ist die Strafvollstreckungskammer
zuständig.
(5) 1Werden nach einer Verurteilung wegen einer
Straftat der in Absatz 3 Satz 2 Nr. 1 bezeichneten Art zu einer
Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren vor Ende des Vollzugs dieser
Freiheitsstrafe Tatsachen erkennbar, die auf eine erhebliche
Gefährlichkeit des Verurteilten für die Allgemeinheit hinweisen, so kann
das Gericht die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nachträglich
anordnen, wenn die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Taten und
ergänzend seiner Entwicklung während des Strafvollzugs ergibt, dass er
mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut Straftaten der in Absatz 3 Satz 2
Nr. 1 bezeichneten Art begehen wird. 2War keine der Straftaten dieser
Art, die der Verurteilung zugrunde lagen, nach dem 1. April 2004
begangen worden und konnte die Sicherungsverwahrung deshalb nicht nach
Absatz 3 Satz 2 vorbehalten werden, so berücksichtigt das Gericht als
Tatsachen im Sinne des Satzes 1 auch solche, die im Zeitpunkt der
Verurteilung bereits erkennbar waren.
(6) Ist die wegen einer Tat der in Absatz 3 Satz 2
Nr. 1 bezeichneten Art angeordnete Unterbringung in einem
psychiatrischen Krankenhaus nach § 67d Abs. 6 des Strafgesetzbuches für
erledigt erklärt worden, weil der die Schuldfähigkeit ausschließende
oder vermindernde Zustand, auf dem die Unterbringung beruhte, im
Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung nicht bestanden hat, so kann das
Gericht die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nachträglich
anordnen, wenn
1. die Unterbringung des Betroffenen nach § 63 des
Strafgesetzbuches wegen mehrerer solcher Taten angeordnet wurde oder
wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer solcher Taten, die er vor
der zur Unterbringung nach § 63 des Strafgesetzbuches führenden Tat
begangen hat, schon einmal zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei
Jahren verurteilt oder in einem psychiatrischen Krankenhaus
untergebracht worden war und
2. die Gesamtwürdigung des Betroffenen, seiner Taten
und ergänzend seiner Entwicklung während des Vollzugs der Maßregel
ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut Straftaten der in
Absatz 3 Satz 2 Nr. 1 bezeichneten Art begehen wird.
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501
Pascal I., hier bei der Verhandlung
in Bonn, wurde wegen des
Foltermordes von Siegburg zu einer Haftstrafe von 15 Jahren verurteilt
Von Frank Gerstenberg
Pascal I. muss 15 Jahre
hinter Gitter. So lange, weil er
an dem
Foltermord von Siegburg beteiligt war. So kurz, weil die Richter auf
Besserung hoffen. stern.de
hat mit Bekannten und Lehrern gesprochen: Sie zeichnen das Bild eines
gefühllosen Jugendlichen, der nur die Sprache der Gewalt kennt.
Die Bonner Staatsanwaltschaft will sich im Fall
des zu 15 Jahren Haft verurteilten "Foltermörders von Siegburg" Pascal
I. nicht mit dem Urteil des Bonner Landgerichts abfinden und hat
unmittelbar nach dem Prozess Revision eingelegt.
Das
Urteil gegen die drei Mörder von Siegburg ist von Prozessbeobachtern
und Angehörigen des Opfers Hermann H. scharf kritisiert wurden. Die
drei Männer Danny K. (18), Pascal I. (20) und Ralf A. (21) hatten im
November 2006 ihren Mithäftling in der Zelle 104 der
Justizvollzugsanstalt Siegburg stundenlang gequält, erniedrigt und
schließlich gezwungen, sich selbst zu erhängen.
Der Vorsitzende
Richter der Achten
Großen Strafkammer des Bonner
Landgerichts, Volker Kunkel, bescheinigte den dreien angesichts der
zwölf-stündigen sadistischen Misshandlungen "dissoziale und kriminelle
Persönlichkeitsstrukturen". Der Sprecher der Bonner Staatsanwalt, Fred
Apostel, schüttelte angesichts der Gewaltorgie den Kopf: "Das
übersteigt alles, was man Menschen zutrauen kann", sagte er.
Verwunderung über mildes Urteil
Besonders Pascal I. hatte sich bei dem Gewalt-Exzess - etwa bei den
Vergewaltigungen - gegen den 20-jährigen Hermann H. hervorgetan.
Richter Kunkel hatte ihn daher während des Prozesses auf der "untersten
sittlichen Stufe" angesiedelt. Staatsanwalt Robin Fassbender hatte für
Pascal I. lebenslänglich mit besonderer Schwere der Schuld gefordert,
das hätte bedeutet: Der Angeklagte hätte 25 Jahre hinter Gittern
gemusst und frühestens nach 18 Jahren einen Antrag auf vorzeitige
Haftentlassung stellen können.
Umso
größer war Anfang Oktober die Überraschung im Gerichtssaal gewesen, als
der Vorsitzende Richter das Urteil und die Begründung verkündete: zehn
Jahre Haft und damit Jugend-Höchststrafe für Danny K., der zur Tatzeit
17 Jahre alt war, aber lediglich 15 Jahre Gefängnis für Pascal I. und
14 Jahre für Ralf A.. Es bestehe trotz "großer Bedenken" die begründete
Hoffnung, dass beide wieder in die "Gesellschaft eingegliedert" werden
könnten, zumal sie während der Untersuchungshaft Vater wurden, sagte
der Richter.
Kunkel hatte beide damit zwar nach
Erwachsenenstrafrecht verurteilt
aber eine Sonderregelung angewandt, die das Jugendgerichtgesetz für
Heranwachsende zwischen 18 und 21 Jahren zulässt: Wenn begründete
Hoffnung auf "Resozialisierbarkeit" besteht, kann das Gericht von der
lebenslangen Freiheitsstrafe absehen, die für Mord vorgeschrieben ist.
Die
Angehörigen des Getöteten - sein Bruder Martin H. sowie die Mutter und
die Schwester - empörten sich über das Urteil, auch Staatsanwalt Robin
Fassbender konnte es nicht nachvollziehen und legte Revision ein. Er
hält Pascal I. für nicht therapierbar. Fassbender könnte mit seiner
Einschätzung richtig liegen. stern
hat ehemalige Nachbarn und Bekannte des Bottropers Pascal I. getroffen,
die das Bild eines Menschen zeichnen, der als Kind bereits eine
unfassbare Grausamkeit an den Tag legte.
Nachbarskinder ins Krankenhaus
geprügelt
Toni K. bricht in Hohngelächter aus,
als er den Urteilsspruch des
Vorsitzenden Richters der Achten Großen Strafkammer am Landgericht Bonn
hört: Pascal I. wieder in die Gesellschaft eingliederbar? "Das ist der
beste Witz, den ich je gehört habe. Den kann man nicht mehr reparieren.
Mich ärgert vor allem, dass seine Familiengeschichte kaum Notiz
findet."
Toni
K. (52) kennt den 20-jährigen Pascal besser und länger als ihm lieb
sein kann - und wie kaum ein anderer Nachbar in einer
Arbeiterwohngegend am Rande des Bottroper Stadtzentrums. Toni K.
erzählt, sein Sohn Dominik sei als Kleinkind von dem drei Jahre älteren
Nachbarsjungen Pascal auf dem Weg zum Kindergarten mit einem schweren
Eichenknüppel bedroht worden. Im Schwimmunterricht an der Rheinbaben
Grundschule habe Pascal K.s Tochter krankenhausreif geprügelt. Ein
anderes Mal soll Pascal ihr mit der Faust derart brutal ins Gesicht
geschlagen haben, dass sie erneut im Krankenhaus versorgt werden
musste.
Ehemalige Lehrer haben bei dem Namen Pascal I.
Prügeleien, weinende Kinder, Klassenkonferenzen, Elterngespräche,
Erziehungsmaßnahmen vor Augen - und die eigene Hilflosigkeit. "Er
traktierte fortwährend andere Kinder. Meist in Situationen, in denen er
sich unbeobachtet fühlte", erinnert sich eine Lehrerin.
Erziehungsmaßnahmen in Zusammenarbeit mit Jugendamt und Polizei seien
an ihm, vor allem aber an den Eltern, abgeprallt: "Die Mutter wies
stets alle Vorwürfe zurück, ihr Pascal war grundsätzlich unschuldig",
erinnert sich die Pädagogin. "Pascal I. war ein Kind, bei dem ich
absolut an meine Grenzen gekommen bin", sagt eine andere Lehrerin der
vielen Schulen und Fördermaßnahmen, die Pascal in all den Jahren in
Bottrop und Umgebung durchlaufen hat. Sie sagt einen Satz, bei dem sie
sich fast selbst erschreckt: "Zum ersten und einzigen Mal habe ich über
ein Kind gesagt ´das kann man vergessen`." Das sagt eine Pädagogin, die
seit Jahrzehnten in diesem Job arbeitet. Bei den Fernsehbildern vom
feixenden, grinsenden Foltermörder hat sie den elfjährigen Schüler vor
Augen. "Das Verhalten war typisch für ihn. Nichts annehmen, nie schuld
sein. Es prallte alles an ihm ab."
Auch Tochter des Nachbarn bedroht
Pascal sei dieses Verhalten von
Zuhause gewohnt gewesen, meint Toni K..
Sein Sohn Dominik, heute 16, sei als 13-Jähriger von dem 17-jährigen
Schläger Pascal I. auf dem Nachhauseweg von der Schule angehalten, vom
Fahrrad gezerrt, mit dem Kopf an die Wand gedrückt, wenige Meter vor
der Haustür gewürgt und mit den Worten bedroht worden: "Ich fick dich
in den Arsch." Die Tochter habe Angst gehabt, die 200 Meter von der
Bushaltestelle allein nach Hause zu gehen.
Mutter
Gertrud K. erleidet in den 15 Jahren, in denen sie neben der Familie I.
wohnt, mehrere Nervenzusammenbrüche. Einmal sei sie im Hauseingang von
den angetrunkenen Eltern Pascals in ihr eigenes Haus gedrückt, bedroht,
geschlagen und getreten worden, erzählt Toni K.. Pascal habe ihm selber
gedroht, ihn mit der "Axt zu erschlagen". Diese Familie "ist ein
einziger Alptraum", sagt Toni K.. Häufig sei er von der Arbeit als
Betriebselektriker bei der Firma DSKA nach Hause geeilt, um seine
Familie zu schützen.
"Behörden haben versagt"
Vergeblich hat K. anderthalb
Jahrzehnte lang den Staat um Hilfe
gegenüber der gewalttätigen Familie ersucht, die mit drei Generationen
in Bottrop in einer ehemaligen Zechen-Doppelhaushälfte unter einem Dach
wohnte. Vom Jugendamt wurde er zur Polizei und umgekehrt geschickt:
Gegen einen Vierzehnjährigen könne man nichts unternehmen, weil er noch
nicht strafmündig sei, wurde ihm mitgeteilt, sagt K..
Sogar
den örtlichen Bundestagsabgeordneten habe er eingeschaltet, eine
Unterschriften- und Protestaktion gegen die Familie initiiert. Gebracht
hat es nichts, im Gegenteil: "Nachbarschaften sind darüber zerbrochen",
sagt K.. Pascal, Spitznamen "Kali" oder - wegen seines exzessiven
Drogen- und Alkoholkonsums - "Stoni", wütet ungestört weiter, erzählt
K.. Pascal habe Tiere getötet, Autos zerkratzt, einen kleinen Jungen
mitten im tiefsten Winter in einen Teich geschmissen oder seinen Kot
genüsslich mit dem Hintern an der Scheibe eines Ladens in Bottrop
verrieben.
Ein junger Mann aus der Nachbarschaft war vor
einigen Jahren mit Pascal zusammen in einer Skateboard-Clique. Seinen
Namen will er nicht sagen, "weil ich Angst vor der Familie habe". Er
habe miterlebt, wie der damals 13-jährige Pascal einem Gleichaltrigen
"das Skateboard durch das Gesicht zog", erzählt er.
Höhepunkt
der Gewaltexzesse sei der Überfall auf eine Hochzeitsgesellschaft
gewesen, bei dem Pascal und seine Kumpels dem Brautpaar die Geschenke
aus dem Auto gestohlen und einem der Hochzeitsgäste den Schädel
gebrochen hätten. Selbst die Kumpels am Bottroper "Eigen", dem
Treffpunkt der Gescheiterten, Stricher und Junkies, hatten zuletzt
Abstand von "Stoni" genommen. "Er wurde immer brutaler". Der ehemalige
Skateboard-Kumpel erfuhr es am eigenen Leib: "Er schlug sofort zu, wenn
man sich gegen seine Pöbeleien zu wehren versuchte ."
Toni K.
pfeffert eine 80 Seiten dicke Akte auf den Tisch: Schriftverkehr in
Sachen I.. "Nichts hat der Staat unternommen, alle Behörden, Jugendamt,
Polizei, Stadt, haben kollektiv versagt", sagt der kleine, energische
Mann wütend. Von der zuständigen Sozialarbeiterin der Stadt Bottrop
hörten die K.s, dass "Kinder sich nun mal prügeln". Wenn der Sohn
"traumatisiert" sei, könne er sich an die Caritas wenden. Die böten
eine "kostenlose Beratung" an. K. lehnte dankend ab und fühlte sich in
seiner Überzeugung bestätigt, dass "für die Täter alles, für die Opfer
nichts" getan werde. Das Jugendamt Bottrop äußerte sich auf Anfrage von
stern.de nicht zu dem Fall.
Die vierköpfige Familie K.
war derart am Ende, dass sie ihr Haus in der Arbeitersiedlung
Rheinbaben-Kolonie verkaufen wollten. Als Toni K. erfährt, dass sich
der gewalttätige Nachbarsjunge zu einem grausamen Mörder entwickelt
hat, überrascht ihn das wenig: "Er war als Kind schon völlig
emotionslos."
Briefe aus dem Knast
Auch Josef Olaf S., genannt J.O.S.T,
ist "nicht überrascht, aber
erstaunt." Denn dass Pascal zusammen mit zwei weiteren Zellennachbarn
seinen Mithäftling Hermann H. vergewaltigte, schlug, erniedrigte und
schließlich erhängte, sei eher untypisch für ihn. "Er ist eigentlich
masochistisch veranlagt." Und J.O.S.T. (51) muss es wissen: Der
bisexuelle Frührentner kennt Pascal seit Jahren.
"J.O.S.T"
ist Pascals Geldgeber und offensichtlich einer der wenigen festen
Bezugspunkte in seinem Leben, in dem er vom Kindergarten über die
Grundschule und die Hauptschule Overberg sowie die Förderschule bis zum
Knast eine einzige Spur der Verwüstung und Gewalt zog. Nur Jost
vertraut er sich an, unter anderem in acht Briefen, die er zwischen
September und November 2006 an ihn schickt. Fast immer geht es darum,
dass Pascal Geld von ihm will, mal für Tabak, mal für einen Receiver,
den er sich im Knast kaufen wollte.
Die beiden Männer tauschen
in einem vorpubertären Jargon Banalitäten aus, in deren Verlauf eine
weitreichende Veränderung im Leben des Folter-Mörders beinahe
untergeht: Am 14. August, knapp zwei Monate vor der Horrortat,
bestätigt Pascal I., dass er Vater wird: "Wer sagt den, das ich Vater
werde Woher weiß du das und dann noch im November, mein 2/3 Termin ist
an.01.03.07", (Rechtschreibfehler im Original) schreibt der
Schulabbrecher, den man in der Kinder- und Jugendpsychiatrie Marl
vergeblich versucht hatte zu therapieren.
Nie Autorität gespürt
Der Bonner Rechtsanwalt Thomas Ohm,
der Pascal I. im Strafverfahren
verteidigt, will die Vorwürfe aus der frühen Jugendzeit seines
Mandanten zum ersten Mal gehört haben. "In den Akten stand darüber
nichts." Verwundert zeigte sich der Strafverteidiger im Gespräch mit stern.de
von den Gewalt-Exzessen seit frühester Kindheit nicht: "Ihm hat
vermutlich nie jemand Grenzen gesetzt, er hat nie Autorität zu spüren
bekommen. Seit dem 7. Schuljahr hat er keine Schule mehr besucht, und
wenn, dann nur, um irgendwelche Kumpels zu treffen", sagt Ohm. "Wenn
man jemanden wie ihm aber nicht mal irgendwann eins auf die Hörner
gibt, dann wird der Terror dieser Jugendlichen uferlos. Die Eltern
haben bei ihrem Erziehungsauftrag total versagt." Dafür spreche, so
Ohm, dass sich die Eltern während des gesamten Strafverfahrens nicht
erkennbar für ihren Sohn engagiert hätten: "Den Vater habe ich nie
gesehen, die Mutter hat mit mir ein einziges nichtssagendes Gespräch
geführt."
Dennoch hält Ohm seinen Mandanten "für veränderbar
und damit für therapiefähig: Ich habe ihn weinen sehen, als ich ihn mit
den Folgen seiner Tat konfrontierte, und das hat er nicht mir zuliebe
getan", sagt Ohm, der in 20 Jahren als Strafverteidiger rund 7.000
Menschen verteidigt hat. "Solange jemand noch trauern kann, ist er noch
therapiefähig."
Pascal I. resozialisierbar? "Da lache ich mich
kaputt. Man sollte mal lieber an die Opfer denken", sagt Toni K..
Welche Strafe er für angemessen hielte? "Lebenslang mit
Sicherheitsverwahrung. Man muss die Gesellschaft vor ihm schützen."
Der
Bundesgerichtshof hat das Urteil im sogenannten Siegburger
Foltermordprozess aufgehoben: Über die Strafe des Haupttäters Pascal I.
muss neu entschieden werden. Der zur Tatzeit 19-Jährige dürfte kaum
mehr so milde davonkommen wie im ersten Verfahren.
Karlsruhe - Das Urteil des
Bundesgerichtshofs (BGH) ist eine
späte Genugtuung
für die Angehörigen des Opfers: Der Haupttäter im Mordfall
von Siegburg, Pascal I., hat nun mit lebenslanger Freiheitsstrafe und dauerhafter
Sicherungsverwahrung zu rechnen (mehr...).
Der zweite Strafsenat des BGH unter Vorsitz von Ruth Rissing-van Saan
folgte der Revision der Staatsanwaltschaft Bonn und hob das Urteil
gegen Pascal I. im Strafausspruch von 15 Jahren Haft samt den
dazugehörigen Tatsachenfeststellungen auf.
Das bedeutet, dass in einer neuen
Verhandlung zwar die eigentliche
Tat nicht mehr aufgerollt werden muss. Jedoch hat die neue Kammer zu
prüfen, ob Pascal I. tatsächlich noch als resozialisierbar gelten darf.
Falls dem nicht so sein sollte, müsste gegen den Heranwachsenden wegen
Mordes eine lebenslange Freiheitsstrafe verhängt werden. Zudem wird das
Landgericht Bonn in dem neuen Verfahren eine spätere
Sicherungsverwahrung in Erwägung ziehen müssen: Es "wird zu prüfen
haben", so Rissing-van Saan, "ob der Täter für die Allgemeinheit noch
weiter gefährlich ist."
Das bedeutet, dass I. anders als
andere "Lebenslängliche"
wirklich den Rest seines Lebens hinter Gittern verbringen könnte:
Obwohl auch seine "lebenslange" Strafe nach 15 oder mehr Jahren als
verbüßt gelten kann, dürfte er bei einer in einem neuen Urteil
vorbehaltenen und später dann tatsächlich verhängten
"Sicherungsverwahrung" nicht entlassen werden, sondern würde als Gefahr
für die Allgemeinheit im sogenannten "Maßregelvollzug" weggesperrt.
Ohne einen solchen Vorbehalt im Urteil darf bei Heranwachsenden -
anders als bei Erwachsenen - später keine Sicherungsverwahrung verhängt
werden.
Ein "Ausreißer" in der
Kriminalitätsbiografie
Pascal I., der damals in der
Justizvollzugsanstalt Siegburg
einsaß,
hatte zusammen mit zwei Mithäftlingen vor knapp zwei Jahren ihren
damaligen neuen Zellengenossen Hermann H. auf unglaublich
grausame Weise ermordet.
Sie verprügelten und vergewaltigten ihn, zwangen ihn, seinen eigenen
Urin zu trinken, und brachten ihn schließlich dazu, sich selbst zu
erhängen.
Das Landgericht Bonn verurteilte
darauf I. wegen Mordes, gefährlicher
Körperverletzung in fünf Fällen, Vergewaltigung in zwei Fällen sowie
besonders schwerer Vergewaltigung mit gefährlicher Körperverletzung zu
einer Gesamtfreiheitsstrafe von 15 Jahren, die Mitangeklagten zu 14 und
zehn Jahren.
Mit der Aufhebung des Urteils gegen I.
ging der
Bundesgerichtshof
nun sogar über den Antrag der Bundesanwaltschaft hinaus: Deren
Vertreter, Hartwig Duensing, hatte letztlich nichts gegen das verhängte
eigentliche Strafmaß von 15 Jahren einzuwenden.
Das Gericht hätte sich auf den
"Hoffnungsschimmer" gestützt,
so
Duensing, dass I. kurz vor dieser Tat sogar Besserungswillen gezeigt,
sich etwa zu einem Antiaggressionstraining angemeldet habe, und damit
vielleicht doch noch resozialisiert werden könne; zudem habe die
Ermordung von H. in I.'s Kriminalitätsbiografie einen "absoluten
Ausreißer" dargestellt.
Diese Betrachtung, so Rissing-van Saan
in ihrer
Urteilsbegründung,
sei "nicht tragfähig": die Anmeldung zu der Therapie sei nicht
geeignet, die Resozialisierbarkeit zu belegen, denn die darauffolgende
Tat habe diese Erwartung ja "geradezu widerlegt". Und "bloße
Vermutungen", so die Vorsitzende, "reichen nicht aus".
En passant hat der BGH damit auch eine
bislang noch offene
Rechtsfrage entschieden: Auch bei "erstmals verurteilten
heranwachsenden Mehrfachtätern" kann prinzipiell Sicherungsverwahrung
vorgesehen werden - also nicht nur bei Heranwachsenden, die schon zuvor
wegen vergleichbar schweren Taten verurteilt worden sind, sondern auch
bei Straftätern wie I., deren besonderes Strafkonto von mehreren
Verurteilungen zu mindestens fünf Jahren aus einem einzigen Prozess
resultiert.
Das Landgericht Bonn war davon
ausgegangen, dass dies nach der
2004
erstmals ins Gesetz eingefügten Vorschrift für Heranwachsende bei
Tätern wie I. nicht möglich ist.
Der
Bundesgerichtshof hebt die Strafen im Prozess um den Foltermord in der
Justizvollzugsanstalt auf - Dem Hauptangeklagten drohen jetzt eine
lebenslange Haft und die Sicherungsverwahrung
Von Rita Klein
Bonn/Karlsruhe.
Bei der Bonner Justiz gibt es an diesem Tag nur ein Gesprächsthema: Wie
wird der Bundesgerichtshof (BGH) in der Revisionsverhandlung zum
Siegburger Foltermord entscheiden?
Am 4.
Oktober 2007 hatte das Bonner Jugendschwurgericht die drei jungen
Häftlinge der JVA Siegburg, die am 11. November 2006 ihren 20-jährigen
Zellengenossen Hermann H. nach fast zwölfstündiger Folter erhängt
hatten, verurteilt: den bei der Tat 17-jährigen Danny K. zu zehn Jahren
Jugendhöchststrafe, den 20-jährigen Ralf A. zu 14 und Pascal I. (19) zu
15 Jahren Haft - nach einer Sonderregelung des Erwachsenenstrafrechts (der
GA berichtete).
Oberstaatsanwalt Robin Faßbender, der für Pascal I. als Initiator
lebenslange Haft und den Vorbehalt der Sicherungsverwahrung gefordert
hatte, zog vor den BGH - und sitzt nun im Gerichtssaal, als der 2.
Strafsenat verkündet: Das Urteil gegen Pascal I. wird auf Revision der
Staatsanwaltschaft aufgehoben.
Wie ein Lauffeuer spricht sich die Entscheidung der Karlsruher Kollegen
im Bonner Landgericht herum, und auch bei der Staatsanwaltschaft hatte
man mit Spannung auf den Anruf des Kollegen aus Karlsruhe gewartet.
Doch nicht nur die Entscheidung des Senats, die Gründe des Bonner
Gerichts, kein Lebenslänglich zu verhängen, als nicht tragfähig
abzulehnen, sorgt für Aufregung.
Es ist die zum ersten Mal vom BGH getroffene Entscheidung über die
Anwendung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung für Heranwachsende,
die für die Strafjustiz Signalwirkung hat: Die Gerichte können nun
erheblich früher die Sicherungsverwahrung unter dem Vorbehalt
verhängen, dass auch ein nicht einschlägig vorbestrafter Mehrfachtäter
nach der Haftverbüßung gefährlich für die Allgemeinheit ist. Anders als
bei Erwachsenen muss diese Gefährlichkeit jedoch vor der Haftentlassung
geprüft werden.
Den bereits reichlich, allerdings nicht einschlägig vorbestraften
Pascal I. hatte der psychiatrische Gutachter im Bonner Prozess als
einen Menschen mit "verfestigter dissozialer Persönlichkeit"
bezeichnet, von dem keine Entwicklung mehr zu erwarten sei. Trotz aller
Strafen und auch Angebote, die dem damals 19-Jährigen seit der Jugend
gemacht worden waren, hatte er an jenem 11. November die Idee gehabt,
den völlig unschuldigen Hermann H. zu misshandeln.
Was er und seine beiden Mittäter dem Mithäftling in den folgenden
Stunden antaten, hatte bundesweit für Entsetzen gesorgt und den
gesamten Strafvollzug auf den Prüfstand gestellt: Zu dritt hatten sie
den hilflosen Zellengenossen mit Handtüchern geschlagen, mehrfach
brutal vergewaltigt und sadistisch gequält.
Das Opfer musste unter anderem Urin trinken, Erbrochenes und Kot essen
und wurde mit einem Handfeger vergewaltigt. Aus Angst wagte der
Mithäftling nicht, das Wachpersonal zu rufen. Um die schweren
Misshandlungen zu verdecken und weil man "mal einen Menschen sterben
sehen" wollte, wurde das Opfer schließlich in der Zelle erhängt und ein
Selbstmord vorgetäuscht.
Tatsächlich teilte die Gefängnisleitung tags den Selbstmord eines
Häftlings mit. Doch Oberstaatsanwalt Robin Faßbender schöpfte Verdacht,
und ein Verbrechen kam ans Tageslicht, das es so noch nicht gegeben
hatte. Nun droht dem Angeklagten Pascal I., dessen ungerührtes und
kaltbltütiges Auftreten im Prozess vor dem Bonner Landgericht für
Fassungslosigkeit gesorgt hatte, doch noch lebenslange Haft und
Sicherungsverwahrung.
Denn wie Senatsvorsitzende Ruth Rissing-van Sann im Urteil erklärt,
habe die Bonner Kammer Pascal I. zu nur 15 Jahren verurteilt, weil noch
ein "Hoffnungsschimmer" für eine Resozialisierung bestehe. Doch diese
positive Prognose stütze sich nicht auf Tatsachen, sondern auf
Vermutungen.
Auch habe es die Bonner Kammer zu Unrecht unterlassen, den Vorbehalt
der Sicherungsverwahrung zu prüfen. Der Angeklagte habe neben dem Mord
mehrere Vergewaltigungen und gefährliche Körperverletzungen begangen,
da seien für die Androhung der Sicherungsverwahrung keine einschlägigen
Vorverurteilungen mehr erforderlich.
Dass der 2. Strafsenat über den Antrag der Bundesanwaltschaft
hinausging, die das Strafmaß von 15 Jahren nicht beanstandet, sondern
lediglich die vorbehaltene Sicherungsverwahrung beantragt hatte, ist
für Bundesanwalt Hartwig Duensing kein Problem. Wie er dem GA erklärte,
begrüßt er die Entscheidung und ist der Meinung, dass dieser besondere
Fall auf den Prüfstand gehörte "schon wegen der Öffentlichkeit".
Und die Entscheidung des Senats bezüglich der Sicherungsverwahrung gebe
nun erstmals Rechtssicherheit. Auch die Bonner Staatsanwalt ist mit der
Entscheidung, wie deren Sprecher Fred Apostel erklärt, zufrieden:
"Alles andere als lebenslänglich kommt angesichts dieser Tat und dieses
Täters nicht in Betracht."
Die Revisionen der Angeklagten verwarf der BGH. Nun muss die Bonner
Jugendkammer über die Strafe für Pascal I. entscheiden. Viel Spielraum
hat sie angesichts der Vorgaben des BGH nicht.
Bundesgerichtshof hatte Urteil des Landgerichts Bonn teilweise
aufgehoben
Siegburg/Bonn. (dpa/wrm) Fast zweieinhalb Jahre nach dem
brutalen Foltermord in der Haftanstalt Siegburg (der
GA berichtete)
wird das Gerichtsverfahren im April noch einmal aufgenommen. Im
Blickpunkt steht nach einem Entscheid des Bundesgerichtshofs (BGH) der
Haupttäter, dem nun statt 15 Jahren Freiheitsstrafe eine lebenslange
Haft und Sicherungsverwahrung drohen.
Das Landgericht Bonn setzte für die Neuauflage fünf Verhandlungstage
zwischen dem 24. April und dem 8. Mai an, wie das Gericht am Dienstag
in Bonn mitteilte.
Der BGH hatte am 12. August 2008 das auf 15 Jahre Freiheitsstrafe
lautende Urteil des Landgerichts Bonn vom Oktober 2007 teilweise
aufgehoben und einen neuen Prozess angeordnet. Darin soll es nicht mehr
um den rechtskräftigen Schuldspruch, sondern nur noch um die Höhe der
Strafe und die Frage gehen, ob zusätzlich eine "Sicherungsverwahrung
unter Vorbehalt" verhängt wird. Laut BGH waren dem Landgericht in
diesen Punkten Rechtsfehler unterlaufen.
Das Urteil vom Oktober 2007 blieb im Übrigen bestehen, der
Schuldspruch ist damit rechtskräftig. Die Revisionen des Angeklagten
und seiner beiden Mittäter wurden vom BGH verworfen. Sie waren zu 14
Jahren Haft und zu 10 Jahren Jugendstrafe verurteilt worden. (Az: 2 StR
240/08 vom 13. August 2008).
Zusammen mit seinen beiden damals 17 und 20 Jahre alten
Zellengenossen hatte der damals 19-jährige Haupttäter am 11. November
2006 einen Mithäftling fast elf Stunden lang auf unvorstellbar grausame
Weise geprügelt, misshandelt, vergewaltigt und am Ende an der Tür zum
Toilettenraum erhängt. Das Landgericht erkannte auf Mord sowie
Körperverletzung und Vergewaltigung. Es wandte zwar kein
Jugendstrafrecht an, verzichtete aber dennoch auf die mögliche
Verhängung von lebenslanger Haft, weil bei dem Angeklagten noch ein
"Hoffnungsschimmer" auf Resozialisierung bestehe.
Laut BGH war das "zu wenig". Das Landgericht hätte sich auch mit der
Verhängung einer Sicherungsverwahrung - einer Dauerhaft, die über das
Strafende hinausreicht - befassen müssen. Das Landgericht müsse prüfen,
ob der Täter einen "Hang" zu besonders gefährlichen Straftaten hat, so
dass er zum Schutz der Bevölkerung womöglich noch länger hinter Gittern
bleiben muss.
Auf Weisung des Bundesgerichtshofs wird in Bonn ab Freitag die
Strafe für Pascal I. überprüft
Von Rita Klein
Siegburg/Bonn.
Der grausame Foltermord, den drei junge Häftlinge der
Justizvollzugsanstalt (JVA) Siegburg am 11. November 2006 an ihrem
20-jährigen Mitgefangenen in staatlicher Obhut begingen, sorgte
bundesweit für Entsetzen, stellte den Strafvollzug auf den Prüfstand
und offenbarte Missstände, die nachhaltig die Politik beschäftigen (der
GA berichtete).
Ab Freitag beschäftigt die Tat, und vor allem einer der drei Täter,
noch einmal das Bonner Landgericht - auf Weisung des Bundesgerichtshofs
(BGH) und erneut begleitet von einem großen Medieninteresse.
Der BGH hatte das erstinstanzliche Urteil auf Revision der
Staatsanwaltschaft am 13. Oktober 2008 im Strafmaß gegen den zur
Tatzeit 19-jährigen Pascal I. aufgehoben und zur Neuverhandlung an eine
andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Diesmal sitzt der
heute 21-jährige Pascal I. allein auf der Anklagebank, und diesmal
droht ihm die Höchststrafe: lebenslange Haft und der Vorbehalt der
Sicherungsverwahrung.
Am 4. Oktober 2007 hatte das Bonner Jugendschwurgericht die drei
jungen Häftlinge der JVA Siegburg, die ihren 20-jährigen Zellengenossen
Hermann H. nach fast zwölfstündiger Folter erhängt hatten, verurteilt:
den bei der Tat 17-jährigen Danny K. zu zehn Jahren Jugendhöchststrafe,
den 20-jährigen Ralf A. zu 14 und Pascal I. zu 15 Jahren Haft - nach
einer Sonderregelung des Erwachsenenstrafrechts. Begründung der Kammer:
Man sehe für den zwar reichlich, aber nicht einschlägig vorbestraften
Pascal I. noch einen Hoffnungsschimmer.
Dagegen hatte Oberstaatsanwalt Robin Faßbender, der für Pascal I.
lebenslange Haft und den Vorbehalt der Sicherungsverwahrung gefordert
hatte, Revision eingelegt - mit Erfolg. Denn der BGH befand: Die
positive Prognose des Bonner Jugendschwurgerichts für den vom
psychiatrischen Gutachter als "dissoziale" und nicht mehr
sozialisierbare Persönlichkeit beurteilten Pascal I. stütze sich nicht
auf Tatsachen, sondern auf Vermutungen.
Die Gründe des Bonner Gerichts, kein lebenslange Haftstrafe zu
verhängen, bezeichnete der BGH als nicht tragfähig. Auch habe es die
Bonner Kammer, so der BGH, zu Unrecht unterlassen, den Vorbehalt der
Sicherungsverwahrung zu prüfen. Der Angeklagte habe neben dem Mord
mehrere Vergewaltigungen und gefährliche Körperverletzungen begangen,
da seien für die Androhung der Sicherungsverwahrung keine einschlägigen
Vorverurteilungen mehr erforderlich.
Damit traf der BGH erstmals eine Entscheidung über die Anwendung der
vorbehaltenen Sicherungsverwahrung für Heranwachsende, die für die
Strafjustiz Signalwirkung hat: Die Gerichte können nun erheblich früher
die Sicherungsverwahrung unter dem Vorbehalt verhängen, dass auch ein
nicht einschlägig vorbestrafter Mehrfachtäter nach der Haftverbüßung
gefährlich für die Allgemeinheit ist.
Und so geht es ab Freitag fünf Verhandlungstage lang um die Suche
nach der richtigen Strafe für Pascal I., den Oberstaatsanwalt Robin
Faßbender als "hochkriminelle Persönlichkeit" bezeichnete. Und um die
Frage: Wie gefährlich ist der heute 21-Jährige? Er wurde als Kind Opfer
von Gewalt, wurde in Kliniken und Erziehungsheimen untergebracht und
beging schon als Strafunmündiger Straftaten, bis er am 11. November
2006 in der Gefängniszelle in Siegburg als Initiator den Startschuss
gab für den Beginn des zwölfstündigen Martyriums eines Mithäftlings.
Bei der Urteilsfindung sollen dem Gericht nicht nur zwei
psychiatrische Gutachter, eine Gefängnispsychologin, mehrere
Justizvollzugsbeamte aus Siegburg und Köln, wo Pascal I. derzeit
einsitzt, helfen. Auch Pascals I.'s Mutter soll als Zeugin über ihren
Sohn aussagen.
Zur Tat selbst wird nicht mehr verhandelt. Dass es Mord war, ist
rechtskräftig festgestellt. Dennoch werden erneut alle grausame Details
zur Sprache kommen: Wenn die Kammer das Urteil der ersten Instanz
verliest.
Sie hatten
Mithäftling Hermann H. stundenlang
gefoltert und schließlich erhängt. Einer der drei Täter steht erneut
vor Gericht, weil der BGH das Urteil kassiert hatte. Der 21-Jährige
zeigt sich nun reuig und hat seinem Opfer einen Brief geschrieben.
BONN - Die Siegerpose ist wie
verflogen. Auch das lockere Grinsen, die
coole Frisur, das blütenweiße T-Shirt mit dem Aufdruck „Star“. Und der
gut gelaunte, fast herausfordernde Blick in die Kameras. So hatte sich
der damals 19-Jährige, einer der drei Angeklagten im Foltermord-Prozess
von Siegburg, vor anderthalb Jahren präsentiert. Gestern erschien ein
ganz anderer Angeklagter. Überraschend medienscheu hielt sich der heute
21-Jährige eine Tageszeitung vors Gesicht, als er von Wachtmeistern zur
Anklagebank geführt wurde. Auch sonst wirkte er - im Vergleich - sehr
blass.
Für
den Angeklagten steht im neu aufgerollten Prozess auch viel auf dem
Spiel: Die 8. Bonner Strafkammer hatte ihn im Oktober 2007 wegen
Mordes, drei Vergewaltigungen und fünf gefährlichen Körperverletzungen
zu insgesamt 15 Jahren Haft verurteilt. Dabei wurde bei dem
Heranwachsenden wegen seiner „ausgereiften, gefestigten kriminellen
Persönlichkeit“ nicht mehr das Jugend-, sondern das
Erwachsenenstrafrecht angewandt. Wie auch bei dem 20-jährigen Mittäter,
der 14 Jahre Haft bekam. Nur der 17-Jährige wurde zu einer Jugendstrafe
verurteilt, allerdings zur Höchststrafe von zehn Jahren.
Am 11.
November 2006 hatten die drei Häftlinge ihren 20-jährigen Mitgefangenen
über elf Stunden in der gemeinsamen Zelle gequält, misshandelt,
erniedrigt und wiederholt vergewaltigt. Am Ende hatten sie ihn an der
Toilettentür der Zelle erhängt - und noch versucht, einen Selbstmord
vorzutäuschen. An der Tat selber gibt es auch keinerlei Zweifel mehr.
Sie ist bereits rechtskräftig, wie auch die Urteile gegen die beiden
Mittäter. Im Fall des heute 21-Jährigen jedoch hält der
Bundesgerichtshof (BGH) das Strafmaß für zu milde und hat es
aufgehoben: Eine zweite Bonner Kammer müsse prüfen, ob nicht doch eine
lebenslange Haft in Frage komme. Zudem müsse wegen der Neigung des
Angeklagten zu gefährlichen Straftaten Sicherungsverwahrung geprüft
werden. Die Richter des ersten Urteils hatten die Hoffnung, dass er
durch „die Strafe, durch Therapie und Ausbildung“ sozial wieder
einzugliedern sei. Diese bloße Vermutung jedoch, so die obersten
Richter, sei - bei einer solch dissozialen Persönlichkeit und solchen
Straftaten - zu wenig.
Dieses alte Bild schien der Angeklagte
gestern widerlegen zu wollen: Auf die Frage des Gerichts, wie er heute
über die Tat denke, sagte er: „Was da geschehen ist, ist unglaublich.
Das Schlimmste ist, ich kannte ihn gar nicht, er hat mir nichts getan.“
Dem Opfer habe er einen Brief geschrieben und alles aufgeschrieben.
Sein Anwalt sollte es an seinem Grab vorlesen. Das ist bis heute aber
nicht geschehen. Aus Zeitmangel, so der Anwalt gestern.
Die
Verteidigung kämpft in diesem Prozess darum, dass der Angeklagte doch
noch nach Jugendstrafrecht verurteilt wird. Gestern stellte sie den
Antrag auf einen dritten psychiatrischen Gutachter, was das Gericht mit
dem Hinweis abwehrte, dass für dieses Verfahren bereits eine zweite
Sachverständige bestellt sei. Als offizielle Beobachterin saß gestern
auch die stellvertretende Leiterin der JVA Siegburg im Zuschauerraum.
Foltermörder
Pascal I. (21): Überraschend sagte am Montag im erneut aufgerollten
Prozess die Mutter des Angeklagten aus.
Damit
hatte keiner der Beteiligten gerechnet. Schon im ersten Prozess gegen
die drei Foltermörder der JVA Siegburg vor anderthalb Jahren war die
Mutter von Pascal I. geladen. Doch im Zeugenstand berief sie sich auf
ihr Zeugnisverweigerungsrecht. Das war am Montag anders. Die 40-Jährige
berichtete, wie Pascal, ihr zweiter von drei Söhnen, auf die schiefe
Bahn geriet.
Nach der Aufhebung des Urteils (15
Jahre Knast) durch den
Bundesgerichtshof muss eine andere Kammer nun prüfen, ob Pascal I.
lebenslänglich und Sicherungsverwahrung bekommen muss. Mit zwei
Zellengenossen hatte I. im November 2006 den 21-jährigen Hermann
Heibach in der Zelle stundenlang gefoltert und an der Toilettentür
erhängt.
Pascal I. wuchs wie sein jüngerer
Mittäter Danny K. (19, zehn
Jahre Jugendknast) in Bottrop auf. Schon in der Grundschule wurde er
auffällig. Seine Mutter: „Er war in Handgreiflichkeiten verwickelt, hat
sich überall eingemischt.“ Als Pascal elf war, ließ ihn die Mutter in
der Jugendpsychiatrie untersuchen, suchte Hilfe beim Jugendamt. Die
Hausfrau: „Es kamen Anzeigen wegen Diebstählen und Körperverletzungen.
Ich musste was machen.“ Pascals „Lieblingsbeschäftigung“: Zündeln. Die
Mutter: „Er steckte Hecken an. Feuer fand er toll, Pascal wollte sogar
Feuerwehrmann werden.“
Dann schwänzte Pascal die Schule. Sein
Kommentar: „Keine Lust,
auch nicht auf die Kloppereien.“ Drei Schulen besuchte I., am Ende ging
er gar nicht mehr hin. Mit 17 gab es die erste Hausdurchsuchung wegen
Drogen. Bis zum Foltermord hatte Pascal schon eine Latte an Vorstrafen.
Die Mutter zu Pascals
Freizeitbeschäftigung: „Er hing oft mit
Freunden im Garten ab, sang Rap, textete Lieder.“ Die Mutter besorgte
ihm eine eigene Wohnung, als er 18 war. Die 40-Jährige: „Er kam mit dem
Vater nicht klar. Darüber möchte ich nichts sagen. Wenn es Ehestreit
gegeben hat, schlüpfte Pascal immer in die Rolle des Beschützers, nahm
mich in den Arm.“
Am Dienstag hat Pascals Mutter schon
wieder einen schweren Gang
ins Gericht: Ihre Scheidung von Pascals Vater. Der Prozess wird
fortgesetzt.
Bonn/Siegburg (RPO). Im zweiten Prozess
um den Foltermord
in der Justizvollzugsanstalt Siegburg hat das Landgericht Bonn am
Freitag den Angeklagten Pascal I. erneut zu einer Haftstrafe von 15
Jahren verurteilt. Laut Medienberichten soll anschließend eine
Sicherungsverwahrung für den Täter geprüft werden.
I. und zwei
inzwischen rechtskräftig verurteilte Mittäter hatten eingeräumt, am 11.
November 2006 einen Mitgefangenen zunächst gequält und erniedrigt und
schließlich zum Selbstmord gezwungen zu haben.
Für diese Tat war I. 2007 zu 15 Jahren
Freiheitsstrafe verurteilt worden. Dieses Urteil wurde vom
Bundesgerichtshof (BGH) teilweise aufgehoben. Dabei blieb der
Schuldspruch unbeanstandet, so dass es in der neuen Hauptverhandlung
nur noch um die Höhe der Strafe ging.
Der Angeklagte Pascal I. und zwei inzwischen
rechtskräftig verurteilte Mittäter hatten eingeräumt, am 11. November
2006 einen Mitgefangenen zunächst gequält und erniedrigt und
schließlich zum Selbstmord gezwungen zu haben.
Für diese Tat war Pascal I. 2007 zu 15 Jahren
Freiheitsstrafe verurteilt worden. Dieses Urteil wurde vom
Bundesgerichtshof (BGH) teilweise aufgehoben. Dabei blieb der
Schuldspruch unbeanstandet, so dass es in der neuen Hauptverhandlung
nur noch um die Höhe der Strafe ging. So hatte die Zweite Große
Strafkammer zu prüfen, ob gegen den damaligen Haupttäter eine
lebenslange Haft und Sicherungsverwahrung "unter Vorbehalt" zu
verhängen ist.
In dem neuen Prozess hatte die
Staatsanwaltschaft für
den heute 21 Jahre alten Angeklagten eine lebenslängliche
Freiheitsstrafe und auch die Möglichkeit einer Sicherungsverwahrung
gefordert. Nach 15 Jahren Haft sollten zwei Gutachter prüfen, ob es für
Pascal I. eine positive Prognose gibt. Der junge Mann, dem ein
Gutachter eine "schwere dissoziale Persönlichkeitsstörung"
bescheinigte, benötige eine langjährige Therapie, hieß es im
Plädoyer.
Die Verteidiger von Pascal I. beantragten hingegen, ihren Mandanten
nach dem Jugendstrafrecht zu zehn Jahren Haft zu verurteilen.
Im neu aufgerollten Prozess um den
Foltermord in der Siegburger Haftanstalt gegen einen der drei Täter ist
am Freitag (08.05.09) das Urteil verkündet worden. Der heute 21-Jährige
wurde zu 15 Jahren Haft und anschließender Sicherungsverwahrung
unter
Vorbehalt verurteilt.
Pascal I. hatte während der zurückliegenden vier
Verhandlungstage versucht, Gutachter und Staatsanwaltschaft von seinem
Weg der Besserung zu überzeugen. Trotzdem verurteilten die Richter ihn
zu einer Haftstrafe von 15 Jahren. Doch ob Pascal I. danach
tatsächlich
in Freiheit kommt ist ungewiss. Denn die Richter folgten in ihrem
Urteil auch der Forderung des Staatsanwalts nach einer zusätzlichen
Sicherungsverwahrung unter Vorbehalt. Nach Verbüßung der Haftstrafe
müssen zwei Gutachter überprüfen, ob der Verurteilte in eine
sozialtherapeutische Anstalt eingewiesen wird.
Die Verteidiger
hatten lediglich zehn Jahre Haft für ihren Mandanten gefordert. Er sei
einsichtig und empfinde "tiefe Trauer". Außerdem habe er seit der Tat
keine weiteren Straftaten begangen.
BGH hatte erstes Urteil aufgehoben
Pascal I. war bereits 2007 wegen seiner
Beteiligung
am grausamen Mord an einem Zellengenossen verurteilt worden. Das
Gericht hatte damals eine Gesamtfreiheitsstrafe von 15 Jahren
verhängt.
Der Bundesgerichtshof hatte dieses Urteil jedoch aufgehoben und den
Prozess an das Bonner Landgericht zurückgewiesen. Die Karlsruher
Richter kritisierten, das Urteil sei nicht ausreichend begründet.
Ulrich
Rimmel, Anwalt der Nebenklage, erwartete, dass das Gericht dem Antrag
der Staatsanwaltschaft folgen wird. Pascal I. sei ein "asozialer
Hangtäter", der eine Gefahr für die Öffentlichkeit darstelle, erklärte
Rimmel.
Gutachter: dissoziale Persönlichkeitsstörung
Die wichtigsten Zeugen in der Neuauflage des Prozesses dürften zwei
Gutachter gewesen sein. Psychiater Wolfgang Schwachula, der über Pascal
I. schon im ersten Verfahren ein Gutachten verfasst hatte, wiederholte
seine damalige Einschätzung. Es liege eine dissoziale
Persönlichkeitsstörung vor und Pascal I. zeige wenig
"Veränderungskompetenz". Eine weitere Gutachterin attestierte zwar eine
leichte Besserung, trotzdem könne er ohne den Druck eines Gefängnisses
"bald weitermachen wie zuvor". Beide Gutachter sprachen sich für die
Anordnung einer Sicherungsverwahrung aus.
Pascal
I. hatte 2006 zusammen mit zwei weiteren Tätern einen
Mitgefangenen in
der JVA Siegburg über Stunden hinweg gequält, vergewaltigt und
schließlich erhängt. Die Tat hatte eine intensive Diskussion über die
Haftbedingungen in Jugendgefängnissen ausgelöst.
Siegburger Foltermordprozess: "Keine Entscheidung, die man leichten
Herzens fällt"
Gericht hält Angeklagten zwar für gefährlich, gibt 21-Jährigen aber
nicht völlig auf
Von Rita Klein
Bonn. Es
ist der Tag des Urteils im neu aufgerollten Prozess um den Foltermord
in der Siegburger Justizvollzugsanstalt, und in wenigen Minuten wird
Pascal I. erfahren, ob das Gericht ihm noch eine Chance gibt, als
junger Mann das Gefängnis zu verlassen.
Wieder versteckt der heute 21-Jährige, der an jenem 11. November
2006 in Zelle 104 der Initiator der Grausamkeiten gegen den 20-jährigen
Mithäftling Hermann H. war, sein Gesicht vor den Kameras hinter einer
Zeitung. Im Zuschauerraum sitzt seine Mutter und weint. Ihm gegenüber
sitzt wie an jedem Verhandlungstag der Bruder des jungen Mannes, den er
und seine beiden Mittäter zwölf Stunden lang grausam quälten und
schließlich erhängten.
Dann verkündet die 2. Große Bonner Strafkammer ihr Urteil: 15 Jahre
Haft und vorbehaltene Sicherungsverwahrung. Pascal I. erhält seine
Chance, denn die von Oberstaatsanwalt Robin Faßbender geforderte und
vom Angeklagten befürchtete lebenslange Haft plus vorbehaltener
Sicherungsverwahrung bleibt ihm erspart.
Die hätte ihm nur die Hoffnung auf Entlassung nach frühestens 15
Jahren gelassen, und auch nur dann, wenn zuvor eine genaue Prüfung bei
ihm keine weitere Gefährlichkeit erkennen lässt, da ansonsten die
vorbehaltene Sicherungsverwahrung angeordnet werden muss. Dieses Urteil
aber bedeutet für Pascal I.: Nach zehn Jahren kann er freikommen,
sofern eine genaue Prüfung ergibt, dass er sich in die Gesellschaft
eingliedern lässt und für niemanden mehr eine Gefahr darstellt.
Wie das Urteil beim Angeklagten ankommt, ist nicht zu erkennen. Er
sitzt wie an allen Prozesstagen mit gesenktem Kopf zwischen seinen
Verteidigern und blickt vor sich. Sein Äußeres und seine Haltung ähneln
in nichts mehr dem ungerührten jungen Mann, der im ersten Prozess vor
eineinhalb Jahren mit seinen Anwälten schwatzte und immer wieder
lachte.
Er habe sich, so sagt er mittlerweile über sich selbst, geändert und
begriffen, was er getan habe.
Warum er nicht, wie von seinen Verteidigern beantragt, nach
Jugendrecht bestraft wird, erklärt Richter Theo Dreser, indem er die
Tat selbst noch einmal in ihrer ganzen Grausamkeit nachzeichnet und
erklärt: "Wir hatten es hier mit einem Fall zu tun, der an die Grenzen
menschlichen Verhaltens rührt."
Und der zeige, wozu Menschen fähig seien - zu einer Tat, die im
höchsten Maße verachtenswert sei und auf niedrigster Stufe stehe. In
dem Prozess sei es nun auf Weisung des Bundesgerichtshofs darum
gegangen, eine Strafe zu finden, die dem Sühnegedanken für Hermann H.
gerecht werde und auch dem gesetzlichen Erziehungsgedanken Rechnung
trage.
Und wenn man sich diese Tat, die einen sprach- und fassungslos
mache, ansehe, stehe fest: "Das lange Quälen, Erniedrigen,
Vergewaltigen, Abstimmen über Tod oder Leben und dann das Weghängen,
Abhängen, nach der Nahtod-Erfahrung fragen und dann das endgültige
Erhängen - das hat mit jugendtypischer Verfehlung nichts, aber auch gar
nichts zu tun." Immer lauter und bestimmter wird die Stimme des
Richters bei dieser Feststellung.
Die Kammer sei sich mit zwei Gutachtern einig, dass Pascal I. nach
Erwachsenenstrafrecht zu bestrafen sei. Und da stelle sich die Frage:
Ist auf Pascal I., dem von den Gutachtern angesichts seiner bereits in
der Jugend begangenen Straftaten eine verfestigte dissoziale
Persönlichkeitsstörung bescheinigt werde, der einen Hang zu Gewalt
habe, herz- und mitleidlos seine Ziele durchsetze, noch so einzuwirken,
dass er nach der Haftentlassung wieder in die Gesellschaft
eingegliedert werden könne?
Die Antwort sei für die Kammer: Es gebe dafür mittlerweile
tragfähige Anhaltspunkte wie sein Bemühen um einen Schulabschluss und
sein Plan, einen Beruf zu erlernen. Aber vor allem nehme die Kammer ihm
seine Reue und Einsicht ab, die sich deutlich in seinem Brief an den
Toten zeige. Und deshalb habe man von lebenslanger Haft abgesehen.
Da der BGH die formalen Voraussetzungen bejaht habe und Pascal I.
zurzeit ohne entsprechende Behandlung noch gefährlich sei, müsse auch
die vorbehaltene Sicherungsverwahrung verhängt werden. Doch Richter
Dreser stellt auch fest: "Niemand fällt eine solche Entscheidung bei
einem so jungen Menschen leichten Herzens."
Oberstaatsanwalt Robin Faßbender ist vor allem froh, dass "das
Primärziel erreicht ist", wie er anschließend erklärt: "Nun ist
sichergestellt, dass er in Haft bleibt, wenn er sich nicht
weiterentwickelt." Ob er noch einmal Revision einlegt, um doch noch
lebenslange Haft zu erwirken, will Faßbender nun genauso prüfen wie die
Verteidigung, die für ihren Mandanten Jugendrecht durchsetzen wollte.
Den Anwälten zufolge hat sich Pascal I. jedoch schon mit dem Urteil
abgefunden.
Nicht abfinden können sich hingegen der Bruder des getöteten Hermann
H. und dessen Anwalt: "Wenn dieser grausame Mord kein Fall für
lebenslange Haft ist, welcher soll es denn dann sein?"
Der Foltermord von Siegburg hat wie kaum ein anderer Fall gezeigt,
wozu der Mensch fähig ist. Und er hat erschreckend offenbart, wie wenig
der Staat sich um junge Menschen hinter Gittern kümmerte - und wie
wenig sich die Gesellschaft darum scherte. Erst seit der grausamen Tat
unter staatlicher Obhut steht der Strafvollzug auf den Prüfstand und
mit ihm die Politik, die ihre Versäumnisse nicht länger ignorieren
kann.
Nun hat der Fall auch noch Rechtsgeschichte geschrieben, denn noch
nie zuvor hat ein deutsches Gericht einem so jungen Straftäter die
Sicherungsverwahrung angedroht für den Fall, dass er vor Ablauf der
Haftzeit einer Unbedenklichkeitsprüfung nicht standhält. Die gestrige
Entscheidung des Bonner Gerichts war zwar keine Überraschung für alle,
die den Beschluss des Bundesgerichtshofs kannten.
Denn nach Einführung dieser gesetzlichen Maßnahme für heranwachsende
Straftäter Ende 2003 entschieden die Karlsruher Richter am 13. August
2008 auf die Revision der Bonner Staatsanwaltschaft: In einem Fall wie
diesem, wo der Täter sein Opfer vor dem Mord so grausam quält,
misshandelt und vergewaltigt, bedarf es keiner einschlägigen
Vorstrafen, um die vorbehaltene Sicherungsverwahrung zu verhängen.
Damit hat der BGH für Rechtssicherheit gesorgt und zugleich ein
deutliches Signal für eine härtere Gangart gesetzt. Doch die allein
reicht nicht aus, um der zunehmenden Gewaltbereitschaft von
Jugendlichen zu begegnen. Denn wenn die Justiz zum Zuge kommt, ist es
zu spät.
Klausens
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dem 4.2.2008 auch
Weltkulturerbe.